Stadthallen-Konzert

The BossHoss: Zwanglos, fröhlich, massenkompatibel

Musik
28.10.2013 01:21
Ohne Nationalfeiertagsmüdigkeit pilgerten am Sonntagabend Tausende Fans in die Wiener Stadthalle, um mit Stetson, Cowboystiefeln und Jeansjacken ihren Country-Rock-Helden The BossHoss zu huldigen. Diese zeigten leichte Anlaufschwierigkeiten, trieben ihren Motor im weiteren Konzertverlauf aber zu Höchstleistungen.
(Bild: kmm)

Der Erfolg der deutschen Neo-Cowboy-Truppe The BossHoss im deutschsprachigen Raum ist beängstigend. Schon kurz nach Beginn der Stadthallen-Show verkündet Hoss Power aka Sascha Vollmer, dass die Band vor der Show für ihr 2011er-Erfolgsalbum "Liberty Of Action" in Österreich mit Platin veredelt wurde, zudem stieg das brandneue Album "Flames Of Fame" geradewegs von Platz null auf fünf – absolute Bestleistung in der erst neunjährigen Karriere der Berliner.

Es ist eben der zwanglos-massenkompatible Country-Rock, der das Septett zum Stammgast bei allen Veranstaltungen macht. Das funktioniert gleichermaßen im grölenden Bierzelt wie im rauchigen Saloon. Wo es sonst DJ Ötzi (Bierzelt) oder Tom Waits (Saloon) braucht, gibt es hier Musik für den kleinsten gemeinsamen Nenner.

Anfangs nur Standgas
Das beweisen The BossHoss einmal mehr in der Wiener Stadthalle, die – gut besucht aber nicht ausverkauft – vom ersten Takt an voller Inbrunst zum neuen Song "Mess With The BossHoss" abgeht und den eher müde wirkenden Auftakt der Hauptprotagonisten damit übertönt. Alec, Sascha und Co. brauchen zumindest bis zu "I Keep On Dancing", dem vierten Song, bevor sie auch selber zu gewohnter Form auflaufen – vielleicht waren sie aber einfach noch etwas erschreckt von der kaiserlichen Audienz, die ihnen Robert Palfrader am Nationalfeiertag gewährte?

Wenn das Stetson-gekrönte Werkel aber erst einmal rennt, dann gibt es kein Halten mehr. Mit der aktuellen Single "Do It", dem bekömmlichen "A Little" und einem fein zusammengestellten "Akustik"-Block ("What If"/"I Say A Little Prayer"/"Personal Song") hat die Männerhorde das Publikum endgültig im Griff.

Dazu kommt der Schmäh immer besser ins Rollen, wenn auch so manche Zote einen längeren Bart als die beiden ZZ-Top-Frontmänner aufweist (Berliner versuchen sich im dialektischen Wienerisch und verwenden den Urbegriff "leiwand" inflationär). Den Leuten gefällt's, und das zurecht, denn gerade an einem spätsommerlichen Sonntagabend ist eine stiloffene Tanzveranstaltung beliebter als bleischwere Kunst mit bierernstem Anspruchsdenken.

Dazu sorgen die aufgewachten Bühnentiere für ordentlich Action. Alec lässt sich in guter alter Stagediver-Manier vom Publikum in die Saalmitte und zurück tragen, auf der Bühne bekommen sämtliche Musiker ausreichend Zeit, um ihre Fähigkeiten durch Solos zu beweisen (besonders beeindruckend: die Mundharmonika), und die in Mariachi-Aufmachung dazugestellte Bläsersektion sorgt für den nötigen Latin-Touch.

Zweigleisige Kommunikation
Dass sich The BossHoss selbst als eine Rockband mit Country-Einflüssen sehen, der Großteil der Fans das aber noch immer umgekehrt verinnerlicht hat, ist dafür nur eines von mehreren Missverständnissen, die sich bei einem Konzert der Großstadtcowboys auftun. So können sich die – Original-Zitat Vollmer – "Börliner aus Mississippi" auf der Bühne auch nicht entscheiden, ob jetzt in coolem Englisch oder trockenem Deutsch kommuniziert werden soll, und tänzeln derart grazil und hemmungslos durch ihre Songs, wie es echte Cowboys wohl nicht einmal unter Zwang machen würden. Bei The BossHoss steht aber Entertainment auf der Speisekarte, und dieses extravagante Menü haben sie noch nie schlecht serviert.

Nach dem erwartet wild abgefeierten Tophit "Don't Gimme That" reiten sie nach gut zwei Stunden Vollpower mit glühenden Sporen gen Sonnenuntergang, geben auf dem Weg aber noch eine opulente Bombast-Version des Cameo-Klassikers "Word Up" zum Besten, wo sich noch einmal jeder einzelne Musiker ins Rampenlicht spielen darf, unzählige weibliche Fans aus dem Publikum für den tanzenden Aufputz sorgen und die Percussion-Elemente Bier sprühen lassen. Party pur eben.

Würde man The BossHoss auf die Cowboy-Filmwelt umwälzen, wären sie eher ein Bud-Spencer-Haudrauf-Movie als ein leichenbehangener "Django". In punkto Massenkompatibilität stehen sie im Country-Rock-Genre immer noch alleine da – und nach diesem Abend weiß man auch warum.

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