Nächste Großpleite

278 Jobs bei Personaldienstleister AGO vor dem Aus

Wirtschaft
03.12.2015 12:42
Die Lage am heimischen Arbeitsmarkt spannt sich weiter an: Nach den Großpleiten von Zielpunkt (2700 Jobs weg) und dem Fleischlieferanten Schirnhofer (269 Jobs weg) gibt es jetzt die nächste Hiobsbotschaft: Auch 278 Mitarbeitern des Personaldienstleisters AGO stehen traurige Weihnachten bevor. Das Wiener Unternehmen kann die November-Gehälter und das Weihnachtsgeld nicht bezahlen. Schon in der kommenden Woche dürfte Insolvenz beantragt werden, hieß es am Donnerstag. 278 weitere Menschen stehen in der Bundeshauptstadt dann ohne Arbeit da.

278 AGO-Mitarbeiter, unter ihnen etwas mehr als 100, die in Wien in der IT-Abteilung des städtischen Krankenanstaltenverbundes KAV eingesetzt sind, wurden Anfang der Woche in einem Schreiben darüber informiert, dass "die November-Gehälter sowie anstehende Sonderzahlungen" nicht bezahlt werden könnten. Als Grund gab die Geschäftsführung von AGO eine Sperre des Kreditmittelrahmens durch die Bank Austria an. Man hoffe auf eine baldige Lösung, hieß es. Am Donnerstag erklärte AGO-Geschäftsführer Michael Gross dann, dass der Fortbestand des Unternehmens durch das Vorgehen der Bank "extremst gefährdet" sei.

Geschäftsführer will um Weiterführung kämpfen
Fest steht: Der Personaldienstleister ist in schwere Turbulenzen geraten und wird voraussichtlich nächste Woche einen Insolvenzantrag stellen. "Das wird mein Vorschlag in der morgigen Aufsichtsratssitzung sein", bestätigte Gross am Donnerstag entsprechende Medienberichte. Geplant sei jedenfalls die Weiterführung des Unternehmens. Sein Plan sehe vor, sich mit einer 20-Prozent-Quote den Fortbestand zu sichern. Eine weitere Erfüllung der Aufträge und ein Fortbestand des Unternehmens wird angestrebt, betonte Gross gegenüber krone.at.

Einer der Hauptgründe für die schwierige Situation sind notwendig gewordene Abschreibungen durch eine slowakische AGO-Tochter, die im Bereich Maschinenbau tätig ist. Diese habe einen "großen Forderungsausfall" hinnehmen müssen und werde in Kürze fix in die Insolvenz geschickt, so Gross. Der dadurch ausgelöste Abschreibungsbedarf bei AGO Wien bringt das Eigenkapital ins Minus, wodurch Überschuldung eintritt, so der Geschäftsführer.

Die von der bevorstehenden Insolvenz betroffenen 278 Mitarbeiter in Österreich dürften jedenfalls, wie auch die rund 3000 Angestellten von Zielpunkt und Schirnhofer, auf die Zahlung ihrer ausstehenden Gehälter durch den Insolvenzentgeltfonds warten müssen - und 2016 ohne Arbeitsplatz dastehen. Vorläufig würden die Mitarbeiter in der KAV-IT weiterhin zur Arbeit erscheinen, wie die Stadt Wien gegenüber der "Krone" betonte - was sie rechtlich auch tun müssen, wenn sie all ihre Ansprüche geltend machen wollen.

Gespräche für Mitarbeiter "nur schwacher Trost"
Eine "Krux", ärgerte sich eine AGO-Mitarbeiterin, die anonym bleiben will: "Der Mitarbeiter hat trotz Nicht-Bezahlung einen aufrechten Dienstvertrag und muss weiterhin arbeiten, wenn er diesen nicht verlieren will." Ihren Angaben zufolge werde es bis Ende der Woche seitens KAV-IT und der Gewerkschaft noch Gespräche und Informationen geben. "Dass uns dieses bei den nicht erhaltenen und anscheinend weiterhin ausbleibenden Gehältern nur ein schwacher Trost ist, ist wohl verständlich."

Gewerkschaft sieht nun Stadt Wien am Zug
Gemeinsam mit dem Sozialministerium, der Stadt Wien und dem KAV müsse man nun Lösungen für die mehr als 200 Bediensteten finden - "und das so rasch wie möglich", meldete sich am Donnerstag auch die Gewerkschaft anlässlich der drohenden AGO-Insolvenz zu Wort. Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - Kunst, Medien, Sport, freie Berufe, kurz: younion - forderte die Stadt Wien auf, dass sie Dienstposten für die Arbeitnehmer, die überwiegend in der KAV-IT und jener des AKH tätig seien, schafft.

Susanne Jonak von der Hauptgruppe II - Wiener Krankenanstaltenverbund in der younion warnte eindringlich davor, dass jene Dienste erneut an eine private Firma vergeben werden. "Die Stadt Wien darf denselben Fehler nicht erneut machen. Besonders im sensiblen Gesundheitsbereich dürfen Dienstleistungen nicht an Private ausgelagert werden", so Jonak.

800 Arbeitsplätze nach Korruptionsvorwürfen abgebaut
AGO war in der Vergangenheit in die Schlagzeilen geraten, nachdem das Unternehmen vor einigen Jahren die Ausschreibung für Reinigungsarbeiten im Wiener AKH gewonnen hatte. Im Zuge der Neuvergabe wurden Korruptionsvorwürfe laut - wobei entsprechende Verfahren mit Freisprüchen endeten. Die Urteile sind aber nicht rechtskräftig und werden noch den Obersten Gerichtshof beschäftigen.

Aufgrund dieser Affäre verlor die AGO 2013 den millionenschweren Auftrag des AKH und zog sich in der Folge auch aus dem Putzgewerbe zurück. AGO musste dadurch rund 800 Mitarbeiter abbauen. Der Verlust diesen Riesenauftrags habe sich freilich als Verlust in der Bilanz 2014 niedergeschlagen, sagte Gross. Mit der jetzigen Situation habe die Sache aber nicht ursächlich zu tun. Laut "Kurier"-Angaben machte das Unternehmen im Vorjahr 1,04 Millionen Euro Verlust.

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