Nur für Männer

Alfa 1.9 JTDM 8V: Italienische Momente

Motor
14.01.2009 14:13
„Buongiorno! Gestatten? Meine Name iste Alfa Romeo. Alfa Romeo centocinquantanove. Ich bin gekommene, um die Welt zu erobern. Seht mich an! Ich bringe euer cuore sportivo zum Schlagen, denn alles an mir ist purer Sex! Wo ich auftauche, sehen mir die Leute nach. Glaubst du nicht? Probier es aus!“
(Bild: kmm)

Das sagt unser Test-Alfa mit jedem Quadratzentimeter seines wohlgeformten Bleches. Und er hat Recht: Wo er auftritt, zieht er die Blicke auf sich. Er hat absolut was gefährlich Erotisches, das fängt schon bei der Schnauze an: Die Motorhaube zieht sich nach unten über die sechs Einzelscheinwerfer wie eine böse gerunzelte Stirn über die dunklen Augen eines Sizilianers. Mit diesem Auto kann sich jeder Fahrer fühlen, als würde in seiner Geburtsurkunde Palermo, Catania oder Roma stehen. Und eines steht fest: Frauen stehen auf den 159er. Er ist ein echtes Männerauto.  

Sportimage statt Hut
Dass unter der Haube des Testwagens nur der kleine Diesel mit 120 PS steckt, sieht man ihm ja nicht an, und das Typenschild am Heck kann man aufpreisfrei weglassen. Der Alfa 159 JTDM 8V ist wohl der einzige 120-PS-Diesel, der absolut sportlich wirkt. Auch wenn die Hutablage groß und prominent hinter dem Rücksitz thront – einen Hut würde man darauf nicht erwarten. Wahrscheinlich würde ihn der Alfa selbsttätig im roten Schein der dritten Bremsleuchte (die nachts - vor allem bei schlechter Sicht - den Durchblick nach hinten wegen des Streulichts verhindert) verglühen lassen. 

Nichts für Frauen
Frauen dürfen ihn bewundern und stolz auf den tollen Kerl am Fahrersitz sein. Vom Auto lassen sie besser die Finger, sonst brechen sie sich etwa beim Öffnen des Staufaches zwischen den Vordersitzen einen Fingernagel ab. Außerdem müssten sie sich beim Schließen des Kofferraumes die Finger schmutzig machen, denn mit dem integrierten Griff kriegt man die Klappe kaum zu. Jedenfalls nicht, ohne einen Gummipfropfen abzureißen. Bei Alfa darf der Mann noch Mann sein! 

Unten herum herrscht Siesta
Beim Fahren fällt dann natürlich schon auf, was für ein Triebwerk unter der unter der schönen Haube werkt. Der Diesel ist keiner von der ganz samtigen Sorte (aber das sind auch Süditaliener in den seltensten Fällen), und mit Ampelrennen kann man auch niemanden beeindrucken. 11 Sekunden vergehen für den Hundertersprint, und gerade beim Anfahren bleibt viel Zeit liegen. In vollem Lebenssaft steht der 1,9 JTDM 8V erst ab 2.000 Umdrehungen. Dann setzt die Kraft aber auch sehr harmonisch und durchaus kraftvoll ein. Bei 191 km/h erreicht er sein Höchsttempo. 

Die Kraft merkt man auch ein wenig in der Lenkung. Schade, dass der Antrieb vorne ist. Von der Ausstrahlung her würde ein klassischer Heckantrieb besser passen. Trotzdem ist er wunderbar zu fahren, Kurven sind eine Freude, denn das Fahrwerk liebt sie und dankt sportliche Bewegung sogar mit dem Ausbügeln von Bodenunebenheiten - ein fairer Kompromiss aus Sport und Komfort. Das serienmäßige Sechsgang-Getriebe ist herrlich zu schalten und gut gestuft. Nur der erste Gang dürfte kürzer sein, damit sich der 120-PS-Diesel nicht gar so schwer beim Anfahren tut. Auch die Sitze spielen mit, sie bieten guten Seitenhalt und eine erstaunlich lange Beinauflagefläche. 

Für die italienischen Momente
Molto italiano ist der Innenraum: Schon die drei Rundinstrumente für Tankanzeige, Wassertemperatur und Ladedruck lassen die italienische Seele hüpfen, steht dort doch statt „Wasser“ „Acqua“! Die Tankanzeige misst im Fall des Testwagens natürlich „Diesel“, was sich sprachlich nicht vom Deutschen unterscheidet, beim Benziner steht da allerdings „Benzina“. Magnifico! Klassisch alfamäßig auch die beiden Rundinstrumente für Tacho und Drehzahlmesser. Nur das leuchtend rote Display des Bordcomputers dazwischen stört ein wenig. Vor allem erinnert es an Audi. 

Ergonomie verbesserungswürdig
Der Innenraum ist zwar schön – praktisch ist er allerdings nicht besonders. Kleinigkeiten, die man ablegen möchte, sollte man in der Handtasche der Beifahrerin unterbringen, denn Stauraum ist kaum vorhanden. Ins Handschuhfach passt nicht mal ein Stadtplan, die Türablage verweigert die Aufnahme meines Sonnenbrillenetuis und der Blinker- ist so nah am Tempomathebel, dass man gerne mal den falschen erwischt. Letzterer ist wiederum so tief, dass er sich in Kniereichweite befindet. Und warum um Himmels Willen muss der Schalthebel im 1., 3. und 5. Gang die Heizungsregulierung verdecken?!

Das Lenkrad lässt dagegen hervorragend einstellen, der Verstellbereich in alle Richtungen ist riesig, das gilt in Längsrichtung auch für die Sitze. Die Sitzposition ist auch für 1,90-Menschen hervorragend, meine Füße (Größe 45) sind nur hin und wieder an der Verkleidung über den Pedalen hängen geblieben.

Man sagt den Italienern leider nicht nur cooles Äußeres und eine faszinierende Ausstrahlung nach, sondern auch eine gewisse Nachlässigkeit. Unser Testwagen bestätigt das. Unterhalb des Lenkrades spitzt ein buntes Kabelbäumchen aus der Verkleidung, aus dem Spalt neben der rechten Heckleuchte wachsen blaue Plastikfasern und die Alfa-Fußmatte rutscht ständig unter die Pedale. An der Verarbeitung darf überhaupt noch ein wenig gefeilt werden. Andererseits: Welcher Italiener will schon perfekt sein? Ein bisschen nachlässig wirken ist einfach cooler. 

Alles für die familia
Italiener sind auch Familienmenschen, dem entsprechend bietet der Alfa 159 einiges für die Sicherheit des Fahrers und der geliebten Insassen: Fünf Sterne im Crashtest und eine Armada von Airbags (inklusive Knieairbag) geben ein gutes Gefühl. Nicht zu vergessen der jetzt serienmäßige Partikelfilter: vorbildlich!

28.900 Euro ist der Mindestpreis für den Einstieg in den Alfa 159 (1.9 JTDM Progression), dafür gibt es ein tolles Auto. Dass nicht alles ganz perfekt ist, hat was von einem italienischen Hotel. Ein bisschen was zu meckern gibt es immer, trotzdem fährt man jedes Jahr wieder hin.

Stephan Schätzl

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: kmm)



Kostenlose Spiele