Bolz und Vorurteil

Citroën DS3 Racing: Fahrt mit Hindernis und Happy End

Motor
27.10.2011 10:29
Das ist eine Geschichte über Euphorie, über Irrtümer, über Vorurteile, falsche Verdächtigungen, über die Kunst des Vergleichs, über Opasessel, über Spaß – und über den Citroën DS3 Racing. Eine Geschichte mit Happy End mitten auf dem Weg, der das Ziel ist.
(Bild: kmm)

Eine Ortschaft im Weinviertel, 8.30 Uhr früh. Auf dem Citroën DS3 Racing ahnt man noch die Abdrücke der Stielaugen, die Dorfjugend und Nachbarn auf dem stylisch aggressiven weißen Blech hinterlassen haben. „Was hat denn der schon wieder für a heiße Schüssel vorm Haus stehen“ hängt in der Luft.

Schrei doch! Aber nicht zu laut ...
Die „Schüssel“ ist in Blech geformte Rallye-Erfahrung, die Citroën auf dem Weg zu einigen WRC-WM-Titeln gesammelt hat. Ein echter Hinschauer, der jedem schon in den Augenwinkel brüllt ICH BIN EIN RACER! Der Motor kommuniziert das etwas leiser, aber dafür umso prägnanter, der (Doppel-)Auspuffsound ist feinste Komposition, auf deren Partitur ein sachtes mezzoforte steht. Gut für die Nachbarn, weil die, die es hören wollen, hören es, während die anderen weiterschlafen können.

Mit geöffnetem Fenster (um mehr vom Sound zu haben) fahre ich los, freue mich schon auf die spaßige Fahrt in die Redaktion, schließlich habe ich schon meine Wachauringerfahrungen mit dem kleinen Spießgesellen. 207 PS bei 1.165 kg, garniert mit echtem Karbon innen wie außen, kein Plastik-Imitat. Die meinen‘s echt ernst. Ich residiere in einem Ohrensessel, der ein um Klassen besserer Sportsitz ist, als man das in dieser Fahrzeugklasse in kühnen Träumen ersinnen würde. Entspannt lächelnd überhole ich kurz nach dem Ortsausgang einen Traktor, ziehe den Hügel hinauf zur Autobahnzufahrt, um – was soll das denn jetzt?!

Über Irrtümer, Vorurteile und ein Happy End
Was ruckelt da? Warum geht da nichts mehr weiter? Super, ich bin auf der Autobahn, während der hochgelobte, gemeinsam mit BMW entwickelte Motor auf gefühlten zwei Zylindern ohne Turbolader läuft. Kraftlos schleppe ich mich zur nächsten Ausfahrt. Das Display zeigt eine Motorstörung an. In mir grantelt’s „ja, eh klar, Franzose halt, ist doch noch alles wie früher!“ Man hat ja so seine Erfahrungen (ein C8, der regelmäßig w.o. gegeben hat, ein gebrauchter Peugeot, der seine Zeit am liebsten im Notlaufprogramm verbracht hat …). Ein Dämpfer in der Euphorie führt in Abgründe, weil die Fallhöhe beträchtlich ist. Runter von der Autobahn, Motor aus, Motor an – läuft wieder. Der Fehler wird aber immer noch angezeigt.

Citroëns Presse-Chefin Nora Wilhelm holt den Patienten persönlich von der Redaktion ab, die Werkstatt stellt fest: Marderbiss am Kabel des Lufttemperaturfühlers. Wieder mal ein Grund, mich zu genieren, weil da kann echt keiner was dafür. Der nagelneue Yeti der Gattin ist in einem halben Jahr vier Mal zur Marderhauptmahlzeit geworden. Hiermit nehme ich alle schlechten Gedanken über Citroën zurück!

Was für ein Happy End!
Versöhnung mit dem DS3 Racing. Unbeschwert das brettharte, 15 mm tiefergelegte Fahrwerk genießen, jede dicke Querfuge prügelt mir die Sportambitionen ins Kreuz. Ja, es tut mir leid! Du bist ein Sportler, auf den man sich verlassen kann! Du machst Spaß, Spaß, Spaß, jeder Weg wird zum Ziel (wenn nicht Stau, Radarfallen, schlechtes Gewissen oder Angst um den Führerschein den Gasfuß zügeln). Die sechs Gänge schalten sich fast wie von selbst, 275 Nm reißen am supergriffigen Sportlenkrad und pressen mich in den hier erneut gelobten Sitz. Vor allem auf unebenen Straßen ist der Frontantrieb von der Power überfordert. Ein Sperrdifferenzial wäre eine gute Idee, gibt’s aber nicht.

Das Fahrverhalten ist verglichen mit allem, was Citroën sonst im Programm hat, sensationell, vor allem auch gegenüber dem auch schon moderat sportlichen normalen DS3 ist der Racing ein Echter. Die 30 mm verbreiterte Spur ist eine enge Freundin der Kurvenlage, man fühlt sich ein bisschen wie Sebastian Loeb. „Krone“-Kollege Tobias Micke schrieb im „Krone“-MotorJournal: „Sehr präzise Lenkung; beinahe unerschütterliche Straßenlage dank verbreiterter Spur.“

Ja, er liegt gut. Das Fahrwerk ist hart, allerdings wirkt es etwas schwach gedämpft, da geht mehr. Auch die Lenkung dürfte noch präziser sein. Das merkt man spätestens dann, wenn man den Vergleichspartner wechselt: Der Mini John Cooper Works, der von der Konstruktion her den gleichen Motor unter der Haube hat (nur mit 15 Nm weniger und 4 PS mehr) und der klare Konkurrent ist, bleibt in der kleinen Klasse der Maßstab.

Aber lassen wir die Kirche im Dorf. Der Citroën DS3 Racing kostet praktisch vollausgestattet 29.990 Euro - als Extras stehen nur noch Navi und die Kriegsbeklebung in der Preisliste – und geht damit im Vergleich als Schnäppchen durch. Dazu hat der kleine Franzose fast doppelt so viel Kofferraum, auch auf den Rücksitzen geht es großzügiger zu (sensationell die massiven Haltegriffe für die Rallye-Beifahrer in der zweiten Reihe).

Und er hat allen aktuellen Citroëns, die ich kenne, eines voraus: einen ernsthaften, ganz normalen Blinkersound. Noch etwas, was im Citroën DS3 Racing Spaß macht – im direkten Vergleich.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Weil der rasende Franzose echt Spaß macht
  • Besonders in Schwarz/Orange ist die Optik ein Hammer

Warum nicht?

  • Fahrwerk und Lenkung haben noch Potential

Oder vielleicht …

  • … Mini John Cooper Works, Clio Renault Sport (bzw. Gordini), Corsa OPC, Ibiza Cupra

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(Bild: kmm)



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