Stark wie Herkules

Ducati Diavel: Das Schnurren des Zerberus

Motor
09.08.2012 16:50
Hätte Herkules eine Ducati Diavel gehabt, hätte er den Höllenhund Zerberus nicht besiegen müssen, um ihn an die Oberfläche zu bringen. Er hätte sie nur starten und vor dem Wächter der Unterwelt herfahren müssen - er hätte ihm damit alle drei Köpfe verdreht. Denn die Diavel klingt wie das Schnurren eines Zerberus-Weibchens, nach dem sich das Untier Zeit seines Lebens gesehnt hat. Auch wenn sich das in keinem Sagenbuch findet.
(Bild: kmm)

Die Ducati mit dem teuflischen Namen (Diavel heißt im Bologneser Dialekt Teufel) ist allerdings ein reales Höllenbike, wie es im Buche steht. Statt dreier Köpfe hat sie zwei Töpfe im 1198er-Testastretta-Motor mit desmodromischem Ventiltrieb. Der V2 entstammt der Superbike-Baureihe und ist - für den teuflischen Einsatz leicht adaptiert – stark wie Herkules. 162 PS leistet er hier, bei 8.000/min. schiebt ein maximales Drehmoment von 127,5 Nm an.

Der fette 240er-Hinterreifen wird eigens für die Diavel gebacken, nicht in der Hölle, sondern bei Pirelli. Er ist stärker gewölbt, hat also eine spitzere Lauffläche als gewöhnliche Riesenschlapfen, was die Italienerin ungewöhnlich wendig macht, trotz ihres gewaltigen Radstandes von 1,59 Meter. Ganz anders als die optisch verwandte, aber wesentlich schwerere Yamaha Vmax. Hier ist nicht nur Posing, Cruising und brachiales Beschleunigen angesagt, sondern richtig agiles Fahren. Dazu trägt auch das relativ harte Fahrwerk bei, das die Diavel endgültig zum Nicht-Cruiser macht.

Rohe Gewalt, auch fürs Ohr
Unter Höllenbollern legt die Ducati los, der Sound aus der zweiflutigen Auspuffanlage, die mit einer integrierten Klappe an Klang und Drehmoment arbeitet, stellt die Nackenhaare auf, und es ist gut, dass einen der Heckhöcker, unter dem der Soziusplatz verborgen ist, im Sattel hält. Untertouriges Fahren mag sie nicht, man stellt sich drauf ein und spendet Drehzahl, oben gibt's die meiste Kraft.

Das Einzige, was den Spaß schmälert, ist das Getriebe. An der Testmaschine springt öfter mal ein Gang raus. Dass das Auffinden der Neutral-Position bisweilen zum Geduldsspiel wird, will ich der italienischen Diva nachsehen.

Die Sitzposition ist, sagen wir, gemütlich aktiv. Die Füße werden leider etwas stiefmütterlich behandelt, sie haben zu wenig Platz, um artgerecht auf den Ballen platziert zu werden. Der Sozius wird nicht mal stiefmütterlich behandelt, immerhin sind Haltegriff und Fußrasten gut verborgen, wenn sie nicht verwendet werden.

Hilfreiche Elektronik – aber nicht ohne Tücken
Die Ducati Diavel ist ein Powerbike für die iPad-Gesellschaft: Sie steckt voller Elektronik und hat zwei grell leuchtende Displays. Die Kraft wird elektronisch reguliert. Gasbefehle werden by wire übertragen, dann müssen sie erst mal durch die achtstufige Traktionskontrolle. Wie viel Power überhaupt und bei welcher Gasgriff-Stellung an die Walze gelassen wird, entscheiden die drei Fahrmodi: Urban beschneidet den Motor auf rund 100 PS, Touring lässt die volle Leistung zu, aber mit sanfter Kennlinie, während Sport alles auf eine Karte setzt. Wie stark die Traction Control eingreift, lässt sich jederzeit einstellen und zum jeweiligen Fahrmodus speichern. ABS ist serienmäßig.

Der Zündschlüssel bleibt in der Hosentasche (außer man will den Soziusplatz aufbauen oder den Tankdeckel öffnen), gestartet wird schlüssellos, auch die Lenkersperre funktioniert per Knopfdruck. Zumindest meistens. Denn im Regen ließ sich das Schloss plötzlich nicht mehr aktivieren. Ehrlich gesagt würde ich auf den Mäusekino-Effekt gerne verzichten und ihn gegen eine Tankuhr eintauschen, denn die suche ich hier vergeblich.

Fett, aber nicht schwer
Auch wenn sie schwer aussieht: Sie ist es nicht. In der Carbon-Edition (wie das Testmotorrad) hat sie ein Trockengewicht von 207 kg (sonst 3 kg mehr), was vor allem an den geschmiedeten/gefrästen 9-Speichen-Aluminiumfelgen von Marchesini liegt (2,5 Kg leichter). Dazu gibt es gefräste Aluminium-Bremsscheibenträger, eine Gabel mit DLC-Beschichtung sowie Tankverkleidungen, Sitzbankabdeckung und vorderen Kotflügel in Carbon. Die Aluminium-Lufteinlässe und die Scheinwerferverkleidung sind schwarz beschichtet.

In Carbon/Rot kommt die Ducati Diavel auf 23.495 Euro (mit dem ganz normalen Design spart man sich 3.500 Euro). Kein Schnäppchen, dafür ist die Diavel aber auch echt sagenhaft.

Herkules hat den Zerberus übrigens wieder in den Hades zurückgebracht. Also schau lieber ab und zu in die Rückspiegel...

Warum?

  • Mächtige Power
  • erstaunlich sagenhaftes Handling

Warum nicht?

  • Anfällige bis gewöhnungsbedürftige Elektronik
  • zu hart zum Cruisen

Oder vielleicht …
… doch eine Vmax?

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(Bild: kmm)



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