Alfa in der Mangel

Giulietta mit Doppelkupplung im wahren Härtetest

Motor
16.02.2012 10:06
Alfa Romeo hat eine Marktlücke im eigenen Haus geschlossen. Ohne Automatik, die nun als Alternative zum formidablen Sechsgangschaltgetriebe angeboten wird, geht es auch bei der Giulietta nicht mehr. Auf dem großen Alfa-Romeo-Testgelände im oberitalienischen Balocco habe ich das sogenannte "Alfa TCT", das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, einem Härtetest unterzogen, den es bestanden hat. Im Prinzip.
(Bild: kmm)

Das Besondere am TCT: Es wurde zu 100% in Italien entwickelt (darauf verweist man bei Alfa Romeo mit Stolz) und es arbeitet komplett mit Trockenkupplungen. Das bringt (im Vergleich mit konventionellen Automatikgetrieben oder ölgelagerten Doppelkupplungen) Vorteile beim Verbrauch, zum einen wegen der entfallenden Flüssigkeitsreibung, zum anderen wegen der nicht vorhandenen Ölpumpe (muss nicht betrieben werden und fällt nicht ins Gewicht). Dazu kommt der geringere Wartungsaufwand, sagt Alfa Romeo.

Zwei Motoren können mit dem Doppelkupplungsgetriebe kombiniert werden: ein Diesel (2.0 JTDM-2) und ein Benziner (1.4 TB MultiAir), jeweils mit spaßigen 170 PS. Mit seinem maximalen Drehmoment von 350 Nm erreicht der Diesel die Einsatzgrenze des TCT (Twin-Clutch-Technology). Der Aufpreis beträgt jeweils gut 1.600 Euro, Schaltpaddles kosten extra.

Flott, sparsam, spritzig
Beide Motorvarianten sind mit TCT etwas sparsamer und spritziger als mit manuellem Getriebe. Vor allem beim Benziner passt auch die Abstufung perfekt, der Diesel braucht nach dem Schalten einen Moment. Im Sprint von 0 auf 100 km/h bringt das TCT ein Zehntel (Benziner 7,7 statt 7,8 s, Diesel 7,9 statt 8,0 s), beim Verbrauch glänzt der Benziner mit 5,2 statt 5,8 l/100 km (die NoVA sinkt dadurch von sechs auf vier Prozent), der Diesel mit 4,5 statt 4,7 l/100 km. Ein Teil des günstigen Verbrauchs geht auf das Konto der serienmäßigen Stopp-Start-Automatik.

TCT mit dem halben Fahrzeug vernetzt
Im Fahrbetrieb macht das italienische Doppelkupplungsgetriebe einen technisch ausgereiften Eindruck, auch wenn es an das Wolfsburger Pendant DSG nicht ganz herankommt. Doch sind die Unterschiede so fein, dass sie wohl keinen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Ob sich jemand eine Giulietta oder etwa einen Golf kauft, wird sich nicht am Getriebe entscheiden, sondern an der grundsätzlichen Einstellung. Wer eine Giulietta will, wird den Golf meiden wie der Teufel das Weihwasser.

Das TCT ist mit dem "Alfa Romeo D.N.A." vernetzt, also mit Bremssystem, Motorsteuerung und ESP. So kann sich das Doppelkupplungsgetriebe je nach Fahr-(bahn-)zustand anpassen. Mit dem DNA-Schalter (BMW würde Fahrdynamikschalter sagen) kann der Fahrer direkt in die Schaltcharakteristik eingreifen, mit den aufpreispflichtigen Schaltpaddles lässt sich das Getriebe sequentiell bedienen.

Sehr gut: Im manuellen Modus nimmt das TCT den Fahrer ernst und schaltet nicht selbsttätig rauf, sondern überlässt es ihm, ob er am Drehzahlbegrenzer fahren will oder doch endlich am Paddle zieht.

Getriebeausfall während der Testfahrten
So weit, so gut, doch während der Testfahrten sorgte ein TCT-Hoppala für Aufregung. Während der Dreharbeiten für unser Video (siehe oben) weigerte sich das TCT plötzlich, die Gänge zu wechseln. Ein wahrer Unzeitpunkt für einen solchen Ausfall. Nach dem Anhalten ließ sich der obligatorisch automatisch gestoppte Motor zunächst nicht mehr starten. Erst nach einigen Minuten konnten wir (der offizielle Alfa-Romeo-Kameramann und ich) die Fahrt fortsetzen und den Wagen in verantwortungsvolle Hände übergeben. Bei einer Probefahrt des Cheftechnikers fiel dann noch mehr aus, etwa die Servolenkung. Erst nach einem Systemreset konnte die Giulietta in die Werkstatt gebracht werden.

Doch die Erklärung war dann geradezu banal: Nach vier Tagen, in denen die Giulietta von Journalisten über die Teststrecke geprügelt wurde, war der Hydraulikölstand zu niedrig. Nach dem Ergänzen des fehlenden Öls funktionierte das Auto wieder "wie ein Glöckerl".

Gehen wir mal davon aus, dass die Giulietta im Normalfall glücklich und problemlos in ein langes und besonders schönes Leben fährt - wenn man sie nicht ungewartet vier Tage lang über eine Rennstrecke hetzt. Schließlich ist die Giulietta der qualitativ beste Alfa Romeo seit Langem - und dafür gebaut, nicht Ärger, sondern Spaß zu machen. Vielleicht sollte man bei der nächsten Modellpflege eine Füllstandskontrolle für das Hydrauliköl in Betracht ziehen.

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(Bild: kmm)



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