370Zorro

Nissans kleiner Macho-Sportler 370Z im Test

Motor
21.06.2010 17:16
Ein Auto wie aus dem Videospiel, ein Name wie aus einem Comic und eine Ausstrahlung wie Haare auf der Brust – und am Rücken: Der Nissan 370Z ist der Porschejäger zum Dumpingpreis für diejenigen, denen ein Porsche zu teuer oder zu wenig machoid ist. Ein Brachialsportler vom alten Schlag, der wenig übrig hat für Feingeister, dafür aber allzeit bereit ist zum Duell.
(Bild: kmm)

Wo man auch hinsieht im 370Z, überall prangt das Zeichen des Zorro, jenes Rächers der Armen und Unterdrückten. Wie er ist man hier immer auf dem Sprung in diesem Zweisitzer, man möchte sich messen mit den Bösen, also den Schnellen und Teuren, um ihnen nach gewonnener Hatz das „Z“ einzupeitschen oder mit den Hinterreifen in den Asphalt zu brennen. Dieser Nissan ist mehr als ein Auto, er ist ein Statement: Es passiert mir nicht oft, dass mich unterwegs ein anderer Autofahrer, der das gleiche Modell wie ich fährt, grüßt. Fehlt nur, dass man einander zur Begrüßung per Handzeichen deutet, wie viele Porsches man schon versägt hat.

Mit 331 PS aus 3,7 Litern und 366 Nm ist da einiges drin, trotz mehr als 1,5 Tonnen auf der Waage. Mit 7-Gang-Automatik sind nach 5,5 Sekunden 100 km/h erreicht, bei 250 wird abgeregelt. Der Motor brüllt „gib Gas!“, und wer kann dazu schon Nein sagen. Erbarmen hat nur der Tacho, der geht bei 130 um exakt 10 km/h vor, was das faktische Geschwindigkeitsniveau tendenziell eine Idee niedriger und damit preiswerter hält.

Kaufpreis lässt noch Luft für Radarstrafen
Ab unter 49.000 Euro ist das Geschoss zu haben, ein leistungsmäßig vergleichbarer Porsche Cayman S kostet die Hälfte mehr (die Aufpreisliste wird man in beiden bemühen). Dabei wirkt der Nissan auf den ersten Blick sogar ganz edel ausgestattet, das hellbraune Leder und die netten Nähte kommen gut. Nur das billige Plastik mancherorts erinnert die Augen an den Preis. Leider wurde auch an der Dämmung gespart, sodass man jedes Staubkorn, das auf der Straße liegt, in den Radkästen hört. Hat was von barfuß auf Kieselsteinen gehen. Auf regennasser Fahrbahn wähnt man sich in einem Motorboot, so laut rauscht das Wasser.

Also besser den Bose-Sound aufdrehen, der perfekt zum Charakter des 370Z passt. Musik: am besten etwas Basslastiges, aber keine klassische Musik. Unter dem Sound von Culcha Candela gleitet der Blick durch den Innenraum. In der Mitte prangt das Navi-Display, davor liegen eine Menge Knöpfe wie auf einem Altar. Zusätzlich finden sich einige davon auch am Lenkrad, allerdings dürften diese gerne durchdachter sein.

Darüber drei kleine Rundinstrumente mit etwas ungewöhnlicher Belegung: Außentemperatur, Spannungsmesser, Uhr – Stoppuhr und Ölthermometer wären irgendwie passender. Auch ein schöner Anblick: die Kotflügel, die man in den Außenspiegeln sieht. Auf dem Beifahrerteppich lese ich „ZOLE“. Ach ja, spiegelverkehrt, das heißt natürlich 370Z.

Heizen statt reisen
Noch kurz im beleuchteten Schminkspiegel (für Fahrer und Beifahrer) den Sitz der Frisur gecheckt dann den Fuß aufs Gas. In Kurven merkt man am besten, wie gut die Sportsitze geschnitten sind. Mir passen sie wie angegossen und geben perfekten Seitenhalt.

Wahlweise schaltet die Automatik, oder der Fahrer greift in die fixen Schaltpaddles. Dann dosiert der Nissan beim Runterschalten das ideale Zwischengasbellen. Man fährt prinzipiell nach Gefühl, weil der Tacho nicht sonderlich gut abzulesen ist. Racemäßig prangt der Drehzahlmesser in der Mitte, der Tacho daneben leidet unter unterschiedlich großen zu kleinen Ziffern, die sich eng um die Mitte drängen. Wie schnell man tatsächlich war, kann man sich dann vom Herrn Inspektor auf der Radarpistole zeigen lassen (deshalb vorhin der Frisurenblick in den Spiegel).

Trotz des im Vergleich zum Vorgänger kürzeren Radstandes klebt der 370Z besser in Kurven, nicht zuletzt wegen der breiteren Spur. Dennoch will er ständig mit dem Heck spielen und den Hintern raushängen. Dann greift das ESP harsch ein – oder man schaltet es ab, was dann aber Aufmerksamkeit erfordert. Das Fahrwerk ist eine Idee zu weich, lässt aber einige Schläge hart durch. Die Lenkung erfordert ein Mindestmaß an Armmuskulatur, ist sehr exakt und gibt gutes Feedback von der Gummifront.

Ein Fahrzeug, kein Parkzeug
Einparken sollte man vermeiden, insbesondere wenn wie im Testwagen ein Parkpiepser fehlt: Die Sicht nach hinten entspricht grob der im Ferrari F430, ist also kaum vorhanden. Blöd, dass jede einzelne Alufelge so viel kostet, wie andere für ihr Winterauto ausgeben. Der freundliche Herr von Nissan fasst das in einem Bonmot zusammen: „Der Nissan 370Z ist ein Fahrzeug, kein Parkzeug.“

Wer einen männlichen Sportwagen mit etwas futuristischem Design und vernünftigem Preis sucht, ist hier richtig. Empfindlich darf man nicht sein, der 370Z ist alles andere als eine Sänfte. Aber auch Zorro kann ja kräftig zulangen.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Starker Sportler zum günstigen Preis.

Warum nicht?

  • Abstriche bei der Dämmung.
  • Spielkonsolenmäßige Armaturen.

Oder vielleicht …

  • … Audi TT RS: billiger als ein Porsche, aber deutlich teurer als der 370Z.
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(Bild: kmm)



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