Er teilt sogar Fluten

Range Rover: Edles Designer-Schiff für übelstes Gelände

Motor
06.02.2013 16:44
Es ist unglaublich passend, dass man bei Landrover den Ausdruck "Queen-Mary-Schornsteine" für ein Detail des neuen Range Rover geprägt hat. Denn der Rangy, wie ich ihn inzwischen liebevoll nenne, ist ein echtes Schiff. Und besagte Schornsteine sorgen dafür, dass er tatsächlich auch im Wasser eine gute Figur macht. Wie auch im Gelände. Wie auch auf der Straße.
(Bild: kmm)

Sein Auftritt hat etwas Monumentales, jedes Anfahren an der Ampel gleicht einem Stapellauf, selbst wenn man die zwei Flaschen Schampus im optionalen Kühlschrank lässt. Wäre auch zu schade, eine davon an der Aluminium-Karosserie zerschellen zu lassen, die ihm im Vergleich zu seinem Vorgänger allein schon einen Gewichtsvorteil von 300 kg bringt. Obwohl sie wirkt, als würde sie es verkraften.

Um die Brücke dieses Dampfers zu entern, braucht es keine Planke, obwohl durchaus ein gewisser Höhenunterschied zu überwinden ist. Wer es sich leicht machen möchte, kann das Niveau per Knopfdruck um fünf Zentimeter absenken – Luftfederung ist serienmäßig und kann das Fahrzeug natürlich auch anheben: Im Geländemodus hebt sich der Brite um 7,5 Zentimeter, und sollte man dennoch irgendwo aufsitzen, sorgt er automatisch für weitere 3,5 Zentimeter Spielraum. Und dann kann man noch weitere 3,5 Zentimeter investieren.

Der Range Rover meistert wildes Gelände
Auf Geländeniveau hat der Range Rover eine Bodenfreiheit von 29,5 Zentimeter. Wir reden hier zwar von einem SUV, aber zugleich von einem echten Offroader, und das ist eine überaus beeindruckende Tatsache. Der Fahrer scheitert im Gelände meist nicht am Fahrzeug, sondern an mangelndem Mut. An Bord sind Allradantrieb, Geländeuntersetzung, Sperren, Bergabfahrhilfe und das Super-ESP namens "Terrain Response", das die Antriebskraft je nach Untergrund reguliert zu den Rädern lässt. Das serienmäßige System lässt sich auf Knopfdreh anpassen, das optionale "Terrain Response²" adaptiert sich sogar automatisch. Sämtliche Fahrhilfen sind auch komplett abschaltbar.

Bei einer Fahrpräsentation im Outback des verschneiten Tschechiens überzeugte der Rangy auf ganzer Schifffahrtslinie. Geradezu spielerisch meisterte er die übelsten Verwerfungen, die selbst zu Fuß bestenfalls auf allen Vieren zu überwinden waren. Selbst dabei erwies es sich als echtes Glück, dass im überaus eleganten Innenraum so viel Platz ist, denn auch auf den ärgsten Passagen haut man sich nicht den Kopf an. Und je nach Ausstattung sind sogar die ledernen Kopfstützen weich wie Kopfkissen gepolstert und Velours an Holmen und Dachhimmel lädt zum Kuscheln ein (hier trägt sogar das Auto Pelz).

Wer soll den aufhalten?
Ein Instruktor meinte anerkennend, im Range Rover komme man oft auch noch weiter, wenn der legendäre Land Rover Defender schon aufgeben muss. Ganz abgesehen davon, dass man für diesen deutlich mehr Geländeerfahrung und entsprechende Skills braucht, um ihn zu beherrschen. "Der Defender ist ein echtes Arbeitstier." Und der Range Rover ist der Chef.

Das zeigt er auch auf der Straße, von der man eigentlich nicht viel mitbekommt. Beinahe entkoppelt gleitet man dahin, in jedem Fall souverän motorisiert. Früher war ein 4,4-Liter-V8 mit 313 PS der Einstiegsmotor, jetzt schafft der neue Einsteiger mit nur sechs Zylindern, 258 PS und 600 Nm bei 2.000/min. die gleichen Fahrleistungen – dank des Gewichtsvorteils, der inklusive dem leichteren Motor insgesamt 420 kg ausmacht. In Zahlen heißt das 2,1 Tonnen, 7,9 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h und 209 km/h Vmax (und 7,5 Liter Normverbrauch). Sogar der Sound der sechs Pötte geht in Ordnung.

Noch souveräner läuft die Sache mit dem weiterentwickelten Achtzylinder, der jetzt SDV8 heißt: 339 PS und 700 Nm, die schon ab 1.750/min. anliegen, dazu ein seidigstweicher Lauf, der von außen bei einem vorbeifahrenden Range Rover fast einen Elektromotor vermuten lässt. Auf einer Etappe war ein Journalistenkollege felsenfest davon überzeugt, in einem Benziner unterwegs zu sein. War er aber nicht, denn der V8 Supercharged stand leider nicht zum Testen bereit (5-Liter-V8, 510 PS, 2,3 Tonnen, 0-100=5,4, 13,8 l/100 km).

Technik relativiert das Gewicht
Auch wenn der neue Range Rover deutlich fahraktiver ist als sein Vorgänger, ist er natürlich kein Sportler. Auch hier trifft die Bezeichnung Schiff durchaus zu. Der aktive Wankausgleich Dynamic Response, der den Rangy zwar nicht zum Sportboot macht, aber den Seegang doch kräftig kalmiert, ist bei den Achtzylindern Serie, sonst Option. Andererseits ist der Komfort phänomenal.

Und zwar nicht nur der Fahrkomfort, sondern auch der akustische, der haptische und der optische. Das reduzierte Innenraumdesign mit den edlen Materialien entspannt das Auge. Fast alles wird über den informativen Touchscreen bedient, was zugleich ein Nachteil ist, weil man sogar zum Regulieren der Sitzheizung den Blick vom Verkehr abwenden muss.

Fährt zwar nicht übers Wasser…
On- wie offroad ist der Range Rover ein echtes Statement, ebenso auf jeder Prachtstraße, wo er es hinsichtlich Eleganz mit jedem Schloss aufnimmt. Oder mit einer Jacht: Die Rekord-Wattiefe von 90 Zentimeter machen ihn zum veritablen Wasserfahrzeug. Nicht zuletzt wegen der "Queen-Mary-Schornsteine": Der Motor saugt seine Luft nicht durch den Kühlergrill an, sondern direkt unterhalb der Motorhaube. Durch Leitkanäle wird sie dort durchgeleitet, tritt seitlich wieder aus – und strömt von oben in Kanäle in den Kotflügeln. Die dortigen Lufteinlässe werden wegen ihrer Form als "Queen-Mary-Schornsteine" bezeichnet. Darunter ist zur Sicherheit auch noch ein Wasserabscheider installiert.

Um 102.000 Euro Einstiegspreis bekommt man also zwar kein Kreuzfahrtschiff, aber doch eine Menge von dessen Eigenschaften. Dabei ist der Range Rover mit 4.999 mm Länge eigentlich kleiner, als er ausschaut.

Warum?

  • Einzigartiger Auftritt
  • Unglaubliche Geländeeigenschaften

Warum nicht?

  • Wer etwas Sportlich-Straffes sucht, ist hier fehl am Platz

Oder vielleicht …

… Porsche Cayenne, Mercedes ML, Audi Q7, BMW X5

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(Bild: kmm)



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