Luxus statt Premium

Skoda Superb im Test

Motor
16.06.2009 12:10
Autos sind heutzutage richtig teuer. So teuer, dass nicht nur am Stammtisch die Frage aufkommt: Zahlt man das viele Geld tatsächlich für die fortschrittliche Technik oder doch eher für das Image, das der fahr- und herzeigbare Untersatz verkörpert? Mit dem Skoda Superb in der 2. Generation gibt es jetzt ein Auto, das deutlich mehr bietet, als wonach es aussieht: nicht Premium, aber Luxus.
(Bild: kmm)

Das Design ist betont zurückhaltend, böse Zungen sprechen von designfreier Zone, vor allem am Heck. Ein Kommentar zur Front war: „Der braucht ja eine Zahnspange, der hat ein Pferdegebiss!“ Alles Geschmackssache, der Superb hat andere Stärken.

Entspannt reisen
Der 160-PS-Benziner im Testwagen ist kaum zu hören, an der Ampel wäre er mit einer Start-Stopp-Automatik auch nicht leiser und auch beim Fahren hält er sich akustisch sehr zurück, auch bei hohen Drehzahlen, die man ihm aber gar nicht abverlangen muss, weil er mit der 1.454 kg schweren Limousine souverän umgeht. Die Leistung reicht mit Sechsganggetriebe für einen Hundertersprint in 8,6 Sekunden und 220 km/h Höchsttempo. Der Superb lässt sich mit der direkten Lenkung sehr exakt dirigieren. Das Fahrwerk umschmeichelt die Passagiere mit Komfort, sanft bewegt sich die 4,84 m lange Karosserie über unebene Straßen, nur bei Querfugen ist die Vorderachse etwas bockig. Auch die Traktion dürfte ein wenig besser sein.

Man bewegt sich insgesamt sehr komfortabel fort, auch auf langen Reisen. Dazu trägt auch die perfekte Sitzposition bei. Die Beinauflage des bequemen Gestühls ist sehr lang, sogar Seitenhalt ist vorhanden. Die Mittelarmlehne ist in alle Richtungen zu verstellen, und darunter haben sogar CD-Hüllen Platz. Die Bedienelemente sind auf dem bekannt perfekten Niveau des VW-Konzerns, nur für die Lüftung würde ich mir einen Drehknopf statt Drucktasten wünschen. Der Touchscreen ist praktisch der gleiche wie im Porsche 911, allerdings in sehr stimmigem Grün gehalten, er gibt intuitiv keine Rätsel auf. Blind bedienen lässt er sich natürlich nicht, aber das ist bei einem Touchscreen einfach nicht drin.

Ballsaal und Echo
Beim Öffnen der hinteren Türen erblickt man eine Halle, die an die Langversionen von 7er-BMW und S-Klasse erinnert, hier kann es sich ein Basketballspieler mit überschlagenen Beinen bequem machen, selbst wenn ich mit meinen 1,88 m am Steuer sitze. Der Kofferraum wirkt so groß, dass man sich schon fast ein Echo erwartet, jedenfalls wenn man den Deckel nur normal öffnet. Das muss man aber nicht, denn das Superb-Heck spielt ein besonderes Stückl:

Klappe oder Klaaaaappe
Auf Knopfdruck geht nicht nur der Kofferraumdeckel auf, sondern wie bei einem Schrägheckauto die ganze Heckklappe samt Scheibe. So lassen sich auch sperrige Güter in das 565 l (Mercedes S-Klasse: 560 l) Abteil hieven. Im geschlossenen Zustand fällt diese Möglichkeit nicht auf. Schade ist nur, dass man erst den Druckknopf erfummeln muss, statt dass sich die Funktion über die Fernbedienung aktivieren ließe. Sonst ist das Gepäckfach nämlich sehr entgegenkommend, der Deckel springt per Fernruf von selbst ganz auf. Zum Schließen gibt es einen abstehenden Griff, der allerdings nur bei komplett geöffnetem Heck funktioniert. Zum Zuklappen des kleinen Deckels muss man sich am Blech die Finger schmutzig machen; Premium ist aber der elektrische Deckelzuzieher. Praktisch sind die beiden Sackerl-Halter. Am Rande bemerkt: Der Zuklapp-Sound ist eher blechern.

Die Anmutung im Innenraum ist nüchtern. Alles ist am rechten Fleck, die verwendeten Materialien wirken aber, als würde noch das Preisschild „Sonderangebot“ drankleben. Der Kunststoff der Ablagefächer ist so hart, dass praktisch alles, was man hineinlegt, klappert. Das tut übrigens auch der Deckel des Aschenbechers (der keiner ist), wenn er offen ist.

Premium-Ausstattung
Die Ausstattung des Testwagens (Superb Ambition TSI) lässt wenig zu wünschen übrig: 9 Airbags, Abbiegelicht, ein serienmäßiger Regenschirm in der Armauflage des Rücksitzes, Elektronische Differenzialsperre – und beinhaltet ein lustiges Gimmick: Gegen 940 Euro Aufpreis gibt es einen Parklenkassistenten, der Parklücken erkennt und selbstständig hineinlenkt. Der Fahrer muss nur noch Gas geben und bremsen. Das funktioniert ganz gut und ist irgendwie spooky, allerdings muss die Lücke relativ groß sein. Und ausparken muss man selbst.

Der Superb, der auf der verlängerten Bodengruppe des Passat mit quer eingebautem Motor basiert, bietet faktisch, was sehr viel teurere Autos bieten. Nüchtern betrachtet. Emotional gesehen hinkt er natürlich weit hinterher. Aber wem das Image egal und dick auftragen zuwider ist, der bekommt hier ein hochklassiges Auto, in dem um 32.000 Euro sogar schon Alufelgen, ein Sechsfach-CD-Wechsler und die Standheizung an Bord sind (Einstiegspreis Superb Comfort mit 125-PS-Benziner 24.590 Euro). Der Name ist Programm: Die imageträchtige Premium-Konkurrenz ist „super A“, der Superb ist „super B“.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Nüchtern betrachtet: alles da, was man braucht. Und mehr.
  • Überfluss in Sachen Platz

Warum nicht?

  • Emotional betrachtet fehlt’s an allen Ecken und Enden.

Oder vielleicht …

  • … doch einen Passat?
  • … gleich das Topmodell mit 260-PS-V6, Allrad und DSG um 38.000 Euro. Das ist dann echt Understatement.
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: kmm)



Kostenlose Spiele