Vaffanc***, Harley!

So geht die Moto Guzzi California auf Triumphzug

Motor
22.10.2013 10:43
"Moto Guzzi Toskana" würde auch sehr gut klingen, vielleicht sogar besser zu dem schweren, klassischen V2-Cruiser passen als "Moto Guzzi California". Doch der Name ist das Symbol für einen historischen Triumph, den die Herrschaften in Mandello del Lario 1968 feierten. Keine Wunder, dass jeder Ausflug zur Triumph-Fahrt wird.
(Bild: kmm)

Seinerzeit gewann Moto Guzzi die Ausschreibung für die Ausstattung des Los Angeles Police Departments mit Dienstmotorrädern. So etwas war bislang noch keiner Nicht-US-Firma gelungen. Moto Guzzi entsandte also die V7 Police nach L.A. (später auch für andere US-Polizeibehörden), ausgestattet mit kugelsicherem Windschild, Zusatzscheinwerfer, Packtaschen, Funk, Sirene und vergrößertem Hubraum.

Kugelsicher ist die heutige dicke Guzzi nicht mehr, dafür misst der V2-Motor, der seine Zylinder seitlich in den Wind hält, heutzutage 1.380 statt 750 cm³. 120 Nm fordern ab 2.750/min. den 200er-Hinterreifen, wenn sie nicht von der serienmäßigen einstellbaren Traktionskontrolle abgefangen werden. In Anlehnung an die guten, alten Zeiten trägt die Touring-Variante einen Windschild, wunderschöne (aber leider nicht ganz dichte) Seitenkoffer und Zusatzscheinwerfer. Die Custom-Variante hat das alles nicht und kommt nackt und ein bisschen böse daher. Beiden gemeinsam sind LED-Leisten vorn und hinten, die für einen modernen Auftritt sorgen. Vor allem das Heck wird dadurch sehr speziell und unverwechselbar.

Am Sound ist zu feilen
Wirft man den Motor an, durchdringen Vibrationen die ganze Maschine, was absolut zum guten Ton gehört. V2-typisch drängt sie mit jedem Gasstoß im Stand nach rechts. Nur der Sound der serienmäßigen Flüstertüten ist mir angesichts des massiven Auftritts zu brav. Gut, dass Moto Guzzi selbst für angemessenes Sounddesign sorgt: An meinem zweiten Testbike, einer Custom, waren die Lafranconi-Sondertöpfe um 1.450 Euro aus dem hauseigenen Zubehörprogramm montiert. So. Muss. Das. Klingen.

Ein herrliches, verchromtes Rundinstrument hält den Fahrer auf dem Laufenden, während er auf der Drehmomentwelle dahinsurft, die Stiefel auf surfbrettähnlichen Trittbrettern. Hacke/Spitze durchpflügt er das Getriebe, das nur, wenn es um die Neutralstellung geht, ein bisschen die Diva gibt. Der Motor geht wunderbar sanft ans Gas, wie sanft genau, lässt sich mit drei Mappings (Veloce, Turismo, Pioggia) bestimmen. Das Ride-by-Wire macht den serienmäßigen Tempomaten möglich, der allerdings unpraktisch zu bedienen ist.

Das Cruisen ist der Guzzi Lust
Es sind vor allem die langen Strecken, die sanften Kurven, die schönen Landschaften, die für die California 1400 geschaffen sind. Oder auch die Boulevards. Klar, man wird auch in engeren Winkeln nicht verhungern, doch dann verlangen 1.685 mm Radstand, 58 Grad Lenkkopfwinkel und vor allem 337 kg Gewicht (bei der Touring) ihren Tribut. Die Custom ist mit 318 kg spürbar leichter, außerdem sitzt man auf ihr eine Spur aktiver und ihre Federbeine sind voll einstellbar. Auch dass sie 8 mm länger sind, ist spürbar.

Das Tuckern mit geringer Drehzahl entspricht der Italienerin am meisten, doch sie lässt sich durchaus bis 7.000 Touren drehen, die Maximalleistung erreicht sie auch dort oben, nämlich 96 PS bei 6.500/min.

Ein rundum gelungenes Stück italienisches Eisen also– allerdings nichts für großgewachsene Zeitgenossen wie mich (1,88 m): Mein linkes Schienbein zieren zarte blaue Flecken vom Kontakt mit dem Zylinder. So bequem die Sitzposition ist, so knapp ist der Platz bemessen.

Wer italophil veranlagt ist, die richtigen Körperproportionen hat und von einem prächtigen Cruiser träumt, der ist hier richtig. 19.500 Euro rufen die Italiener für die Moto Guzzi California 1400 Custom auf, 22.000 Euro für die Touring. Ohne Aufpreis dazu gibt es das erhabene Gefühl, das immer mittuckert und den Sixties-Triumph ins 21. Jahrhundert holt.

Warum?

  • Wunderschönes Stück Eisen
  • Kraftvoller V2, der da im Wind steht

Warum nicht?

  • Nichts für lange Beine

Oder vielleicht …

… doch mal bei Harley-Davidson vorbeischauen.

Die California Custom auf den Fotos trägt Extras im Wert von über 3.000 Euro plus Einbaukosten, die Touring ist serienmäßig.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: kmm)



Kostenlose Spiele