Ikea-Coupé

Volvo V60 D3 im Test: Cool statt Kühlschrank

Motor
13.03.2011 16:00
Das Thema Kühlschrankdesign hat sich bei Volvo endgültig erledigt. Der V60 ist ein wunderbar schnittig gezeichneter Lifestyle-Kombi, der die angestammte Volvo-Klientel vielleicht etwas verstört, aber noch immer eine coole Andersartigkeit verströmt, die etwa auch Apple-Produkten anhaftet. Dazu treiben die Schweden das unternehmenseigene Thema Sicherheit einzigartig auf die Spitze. Im Test der Volvo V60 mit dem D3 genannten 163-PS-Fünfzylinder-Diesel.
(Bild: kmm)

Volvo übertreibt bei der Einordnung etwas und spricht von „mehr Coupé als Kombi“. Aber wenn man so will, kann man mit einem Augenzwinkern von einem Ikea-Coupé sprechen. Immerhin ist da die abfallende Dachlinie, die sich mit der Schulterline gen Heck zuspitzt, dazu die Hinteransicht, die den Dreitürer C30 zitiert. Für den flotten Einkauf im Möbelhaus empfiehlt sich der V60 mit einem serienmäßig umklappbaren Beifahrersitz. Das ist im Fall des Falles mehr wert als ein Kofferraumvolumen, das größer ist als die hier gebotenen 430 Liter (1.241 besonders eben dargereichte Liter bei umgeklappter Rückbank).

Dennoch ist der V60 mehr Luster als Laster, beim Beladen sollte man darauf achten, die schönen Materialien nicht zu beschädigen, die die Insassen so angenehm umfangen. Die Sitze sind von der bequemen Sorte, der Innenraum von kühler Schönheit. Die „schwebende“ Mittelkonsole kennt man inzwischen bei Volvo, das Ablagefach dahinter ist hier nicht weniger sinnlos als in anderen Modellen. Die expliziten Knopferln für die Heizluftverteilung sind praktisch, dass man die Temperatur für Fahrer und Beifahrer getrennt regeln MUSS, wenn vorgesehen, ist es weniger. Wenn die Bedienknöpfe größer und ein wenig übersichtlicher wären würde sich sicher niemand beschweren.

Ablagen sind Mangelware (die hinter der Mittelkonsole zähle ich nicht). Das Fach mit Deckel zwischen den Vordersitzen ist winzig, davor befinden sich nur zwei Becherhalter. Und aus. Abgesehen von den dezenten Türfächern. Kein Platz für meine CD-Mappe, kein Platz für eine große Wasserflasche.

Sportlich unterwegs
Der 2-Liter-Diesel im Testwagen ist eine Ohrenweide, sein Fünfzylindersound hebt sich von allem ab, was in diesem Segment herumdieselt. Er ist zwar nicht dezent, dafür aber angenehm mächtig (nur nach dem Sehr-kalt-Start nagelt er ein paar Sekunden). Und das Schöne: Es steckt tatsächlich Kraft dahinter, und das schon von unten heraus. Das maximale Drehmoment von satten 400 Nm liefert der Schwede bereits ab 1.400/min., das macht richtig Spaß. Der Testverbrauch lag bei 7,5 Liter, mit viel Holladaro bei 8,5 Liter.

Das Fahrwerk ist dem Vortrieb gewachsen, spielerisch geht es mit wenig Seitenneigung um die Ecken. Was in den USA als Sportfahrwerk verkauft wird, ist hierzulande Serie; für Feinspitze gibt es alternativ das „Four C“Fahrwerk. Die Lenkung ist exakt und eine Spur zu leichtgängig, der Vorderwagen wirkt in Kurven recht leicht.

Aber sicher!
Für den Volvo V60 ist ein Rundum-aber-sowas-von-sorglos-Paket erhältlich, das vor allem für diese Fahrzeugklasse wirklich erstaunlich ist: Sogar Serie ist das „City Safety Paket der 2. Generation“, das radargestützt erst warnt und dann sogar vollbremst, wenn der Vordermann plötzlich stehen bleibt. Bis zu einem Tempounterschied von 15 km/h soll es eine Kollision vermeiden können. Gegen Aufpreis verhindert das System (Weltneuheit) per Kamera sogar, dass Fußgänger über den Haufen gefahren werden (näheres siehe Infobox) – im Idealfall bis 35 km/h.

Zusätzlich warnt der V60 optional vor Verkehr im toten Winkel (setzte im Test allerdings manchmal aus), bei Müdigkeit des Fahrers und bei versehentlichem Verlassen der Fahrspur. Letzteres tut er allerdings akustisch kund, statt wie die Konkurrenz per Vibration, was ziemlich penetrant ist. Manchmal will man einfach mal ohne die Blinker die Fahrspur wechseln. Ich hab diesen Assistenten schon nach wenigen Kilometern abgeschaltet.

Wer will, kann sich vernünftiges Abstandhalten antrainieren lassen: Fährt man dem Vordermann zu nah auf, leuchtet ein gelbes Lamperl, das in die Frontscheibe eingespiegelt wird. Es ist übrigens auch abschaltbar.

Tempomat ist Serie, gegen Aufpreis hält er auch selbstständig den Abstand, und das auch im Stop-&-Go-Verkehr (wenn aktiv) zuverlässig, wenn auch sehr defensiv. Aber Sicherheit hat oberste Priorität. Der Tempomat funktioniert auch als Limiter, also Geschwindigkeitsbegrenzer, was im Test nicht ganz zuverlässig funktioniert hat. Hin und wieder hat er die gewählte Geschwindigkeit in der Anzeige unauffällig eingeklammert und nicht beachtet. Wenig später war er dann plötzlich wieder aktiv. Auch der Radartempomat hat sich bei üblem Wetter selbst deaktiviert, nach dem nächsten Motorstart war er wieder bereit.

Das alles hat natürlich seinen Preis. Das Einstiegsmodell des V60 kostet 31.000 Euro (D3 ab 35.000), der Testwagen liegt bei über 54.000 Euro.

Mit allen Annehm- und Sicherlichkeiten ist der Volvo V60 ein wirklich angenehmes Auto auch für die große Reise. Bequem, sehr leise (nur die vorderen Seitenscheiben zischten beim Testwagen ab 150 km /h im Fahrtwind) und mit akzeptablen Trinksitten. Dazu ist er praktisch, spritzig und schön. Es gibt schlechtere Kombinationen.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Wer die Sicherheitsfeatures will – die gibt es versammelt nur hier.
  • Individueller als die Konkurrenz.
  • Sound und Kraft des Fünfzylinder-Diesels.

Warum nicht?

  • Nicht jeder steht drauf, sich dreimal in Watte packen zu lassen.
  • Fehlende Ablagen.

Oder vielleicht …

  • … Audi A4 Avant, BMW 3er Touring, Mercedes C-Klasse T-Modell. Volvo V50.
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(Bild: kmm)



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