Erster Versuch

Yamaha Motocross: Nur fliegen ist schöner

Motor
27.09.2016 23:03

Tollkühne Männer (und Frauen!) auf ihren fliegenden Kisten - das ist, kurz zusammengefasst, Motocross. Hügel sind dazu da, um übersprungen zu werden, höher, weiter, spektakulärer. "Das Wichtigste ist, dass es dich nicht direkt hinter dem Table schmeißt", sagt mir einer mit einem Grinser, "sonst landet der Nächste auf dir." Sehr beruhigend als Einstimmung für meinen ersten Tag auf einer Motocross-Strecke.

(Bild: kmm)

Yamaha präsentiert hier die aktuelle Motocross-Palette, vom 85-Kubik-Gatschhupferl über das 125er-Moped bis zum mächtigen YZ450F-Gerät, dazwischen gibt es bei der 250er sogar die Wahl zwischen Zweitakt- und Viertakt-Motor.

"Meistens passiert was, wenn …"
Ich bin der einzige MX-Anfänger hier im tschechischen Kaplice, nahe der österreichischen Grenze, und ich habe - obschon kein unerfahrener Biker - einen Heidenrespekt vor diesem Sport, bei dem man sich richtig böse verletzen kann. "Meistens passiert was, wenn man nicht voll konzentriert ist", sagt mir der alte Erzbergrodeo-Hase (Prolog-Sieger 2016) und Ex-MX-Staatsmeister Ossi Reisinger später beim Mittagessen. Bis dahin habe ich den Vormittag immerhin unfallfrei überstanden.

Ich hatte mir gleich mal die Viertakt-250er geschnappt. Lange kein Bike mehr angekickt! Mit ihren 105 kg vollgetankt kaum schwerer als ich ist sie genau die Richtige. Handlich, drehmomentstark und kaum abzuwürgen, auch wenn mir im zu hohen Gang mal das Tempo ausgeht, weil ich zu zögerlich unterwegs bin, und auch oben raus hat sie genug Luft.

Apropos Luft: Akrobatische Luftsprünge waren nicht mein Ziel für den Tag, trotzdem habe ich dann bald mal abgehoben, als langsam Sicherheit dazukam. Unterm Strich ist es ja doch immer noch Motorradfahren, die Basics gelten auch hier: Wo man hinschaut, fährt man hin, und wenn man sich verkrampft, wird's schwierig. Also: Ellbogen hoch, dann bleibt man locker. Noch einen Tipp habe ich aufgeschnappt: "Wenn es heikel wird, Gas geben. Im Ernst!" Ganz ehrlich? Klingt seltsam, funktioniert aber.

Auweh, meine Schultern!
Während ich mein Gulasch löffle, erklärt mir Ossi Reisinger, warum mir meine Schultern dermaßen wehtun. "Du musst das Motorrad zwischen den Knien einzwicken, dann hast du die Kontrolle und die Schultern sind entlastet. Beim Bergabfahren im Stehen nach hinten lehnen statt auf die Hände aufstützen."

Noch mehr Tipps setze ich gleich um, etwa wenn es hinten rutscht, drauf bleiben und warten, bis man wieder Grip hat. Es ist ein Spaß, dreckspritzend aus dem Eck zu pfeffern. Im Lauf des Tages wird die ursprünglich sehr glatte Piste wellig und in den Kurven bilden sich tiefe Fahrrinnen. Es braucht Überwindung, da hineinzufahren wie in eine Schiene. Hier gilt wirklich: Gas geben! Und in Kurven immer das Gewicht nach vorn verlagern, sonst rutscht das Vorderrad weg (ja, ist mir passiert).

Gebremst wird vor allem vorn, außer man driftet eine Kurve an; Kupplung ziehen, Hinterradbremse, rumrutschen und Gas. Allerdings kann es gefährlich sein, exzessiv den Fuß auf den Boden zu stellen: "Da kann es einem leicht das Bein verreißen und man kann sich verletzten", warnt Ossi Reisinger. Also, wenn's geht, lieber in den Rasten bleiben.

Die Glaubensfrage: Zwei- oder Viertakt?
Zum Vergleich setze ich mich für einen Turn auf die 250er-Zweitakt. Manche schwören drauf ("das Beste, was es gibt!"), für mich ist sie nichts. Es irritiert mich, dass sie praktisch kein Motorbremsmoment hat, dafür auch von unten heraus kein Drehmoment. Klar, Zweitakter brauchen Drehzahl, aber ich brauche einen Viertakter.

Also mal ein Versuch mit der Großen. Für mich als Asphaltfahrer klingt 450 ccm Hubraum nach recht wenig, aber als Motocross-Maschine ist das schon ziemlich mächtig. Zwar wiegt sie nur 7 kg mehr als die 250er, mir kommt sie aber schwerer vor, außerdem schiebt sie im Vergleich derart an, dass ich gleich überfordert bin. Das mag aber auch daran liegen, dass ich mittlerweile körperlich ziemlich am Ende bin. In der Pause ist ein Gulasch wohl doch nicht ganz das Richtige, da wäre was Leichtes gefragt gewesen, und den ganzen Tag viel Wasser ist auch Pflicht.

Keine Glaubensfrage: Die richtige Ausrüstung
Mein Husqvarna-Gewand hat bei Yamaha übrigens niemanden gestört ("solang du kein Wanda-T-Shirt trägst…"). Drunter habe ich natürlich das ganze Protektoren-Programm. Bei den Stiefeln sollte man auf keinen Fall sparen. Die müssen perfekt passen, gut schützen und genügend Bewegungsfreiheit lassen, damit man auch noch schalten kann. Ich habe eine Reihe Stiefel quasi "blindverkostet", bei günstigen angefangen, und bin dann beim absoluten Top-Schuh gelandet, dem Gaerne SG 12. Man tut sich keinen Gefallen, wenn's billig ist, aber zwickt.

Was bleibt, ist die Erkenntnis: Motocross ist eine hohe Kunst des Motorradfahrens. Es ist mörderanstrengend, macht aber auch einen Mörderspaß. Und es kommt auf das richtige Material an. Es gilt nicht "möglichst viel Leistung", sondern die richtige. Und wenn dann alles passt, heißt es: Nur fliegen ist schöner!

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(Bild: kmm)



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