Experten gespalten

Aufstieg der Sexroboter: Revolution oder Gefahr?

Elektronik
05.07.2017 10:40

Menschenähnliche Sexroboter sind keine Science-Fiction mehr: In Kalifornien und Japan gibt es Firmen, die tatsächlich solche Geräte bauen. Noch sind sie leicht vom Menschen zu unterscheiden - etwa anhand ihrer unbeholfenen Bewegungen. Doch in Zukunft sollen sie uns ähnlicher werden. Forscher sehen in diesem Trend Chancen und Risiken gleichermaßen. Eine neue Studie zu dem Thema spricht gar von einer "Revolution", ortet aber auch ernste Gefahren.

"Sex auf Rezept" - mit diesem Vorschlag haben die Grünen in Deutschland Anfang des Jahres eine kontroverse Debatte vom Zaun gebrochen. Sexarbeiterinnen sollten für Schwerkranke und Alte in Pflegeheimen "Sexualassistenz" leisten, so die Idee. In den Niederlanden werden bereits solche Dienste angeboten. Ein Feld, in dem auch Roboter von Wert sein könnten, glauben die Autoren einer von der Foundation for Responsible Robotics in Auftrag gegebenen Studie.

"Könnten auf viele Arten nützlich sein"
Aimee van Wynsberghe, Professorin für Ethik in der Technologie an der niederländischen Technik-Uni Delft, sagt zum "Guardian": "Wenn wir hier über Individuen reden, die nicht nur behindert, sondern traumatisiert sind, könnte das auf einige Arten ein nützliches Instrument sein, um ihnen, wenn man so will, den sexuellen Heilungsprozess zu erleichtern." Es könnten auch Alte, Menschen mit beiden Geschlechtern oder Männer mit Potenzschwierigkeiten oder vorzeitiger Ejakulation von Sexrobotern profitieren, glaubt die Expertin.

Die künstlichen Liebschaften bergen nach Ansicht der Expertin aber auch Risiken. Völlig unreguliert, könnte ein Markt für die Personifizierung von Frauen oder gar Kindern als sexuelle Objekte entstehen. Wird das Feld der Sexroboter überreguliert, drohe wiederum, die Entwicklung abzuwürgen, bevor sie wirklich begonnen hat. "Man muss da einen Weg der Balance finden, um das Gute ernten zu können", sagt die Forscherin.

Entwicklung steht noch ganz am Anfang
Tatsächlich steht die Entwicklung noch am Anfang. Aktuell gibt es zwar Hersteller wie die kalifornische Firma TrueCompanion, die real wirkende, aber in ihren Fähigkeiten eingeschränkte Sexroboter für 5000 bis 15.000 Dollar verkaufen. Populär werden Sexroboter nach Ansicht des KI-Forschers und Robotikers Noel Sharkey von der Universität Sheffield aber erst, wenn sie sich realistisch verhalten und ihre Akzeptanz steigt. Momentan seien Sexroboter eher Puppen mit kruden Bewegungen denn autonome Sexmaschinen wie in der Sci-Fi-Serie "Westworld".

Ethische Fragen bei Vergewaltigern und Pädophilen
Erste ethische Fragen tun sich dennoch auf. Bei TrueCompanion beispielsweise rühmt man sich, die Sexroboter mit verschiedenen Persönlichkeiten ausstatten zu können. Eine von ihnen: die "frigide Farah", die als "reserviert und scheu" beschrieben wird. Berührt der Nutzer sie an gewissen Stellen, äußert sie Unmut darüber. Werden hier Vergewaltigungsphantasien bedient? Sharkey: "Manche sagen, es sei besser, Roboter statt echter Menschen zu vergewaltigen. Es gibt aber auch Menschen, die sagen, das wird Vergewaltiger erst recht anstacheln."

Neben Vergewaltigern sind auch Pädophile so ein Thema. Immerhin könnten die Hersteller Sexroboter auch in Kindergestalt erschaffen. Tatsächlich gibt es dem "Guardian" zufolge in Japan bereits eine Firma, die Kinder-Sexpuppen baut. Der Chef, ein bekennender Pädophiler, behauptet von seinen Puppen, sie hielten ihn und andere Pädophile effektiv davon ab, ihren Gelüsten nachzugehen.

Experten sind bei solchen Aussagen skeptisch. "Pädophile mit Kinder-Sexrobotern zu behandeln ist eine dubiose und abstoßende Idee. Stellen Sie sich vor, man würde Rassismus behandeln, indem man einen Fanatiker einen dunkelhäutigen Roboter missbrauchen lässt. Würde das funktionieren? Wohl nicht", warnt Patrick Lin, IT-Ethiker an der Polytechnic State University in Kalifornien.

Roboter als Gefahr für Sitte und Moral?
Sexroboter werfen aber nicht nur bei sexuell abnormalem Verhalten Fragen auf, sondern könnten auch zu einer interessanten Prüfung für die gesamte Gesellschaft werden. Van Wynsberghe: "Es gibt da diese Idee des moralischen Verfalls. Wir interagieren in diesen Beziehungen auf sehr persönliche Weise mit Robotern - und welche Konsequenzen hat das für die Benutzer? Bedeutet das, dass wir irgendwann nicht mehr mit Menschen zu tun haben wollen, weil es einfacher ist, mit einem Roboter zu plaudern? Einfacher, sich bei einem Roboter sexuelle Genugtuung zu verschaffen?"

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