Krypto-Experte

“Drei große Schürfer könnten Bitcoin zerstören”

Web
06.09.2017 09:13

Die digitale Währung Bitcoin wirbt damit, dass praktisch jeder die Software herunterladen und selber neue Bitcoins herstellen kann. In der Praxis ist der Aufwand aber inzwischen so groß, dass sich nur mehr wenige große Organisationen die Berechnung neuer Bitcoins leisten können. Würden sich zwei oder drei absprechen, könnten sie das System auch zerstören, sagt der Kryptograf Adi Schamir.

Schamir ist ein öffentlichkeitsscheuer Star der Kryptografenszene, der vor 30 Jahren einige der Grundlagen für die heutigen digitalen Währungen mitentwickelt hat. Er hielt am Dienstag im Rahmen der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik an der Universität Wien einen Vortrag. "Die Kryptografie ist sehr gut", attestiert Schamir dem anonymen Erfinder der Bitcoins gute Arbeit. Diesbezüglich gebe es keinen Grund, sich um die Sicherheit Sorgen zu machen.

Bitcoins stehen aber in der Kritik, weil die damit verbundene Anonymität dazu verleitet, kriminelle Geschäfte zu finanzieren. Auch Schamir sagt, Zahlungen mit Bitcoins, vor allem größere Beträge, entfielen vorrangig auf illegale Aktivitäten. Aber derzeit werde ohnehin nur ein sehr kleiner Teil der Bitcoins für Zahlungen verwendet. Der Großteil werde als Spekulationsobjekt gehortet.

Wer Bitcoins verwendet, muss sich auch im Klaren sein, dass es in diesem System niemanden gibt, bei dem man sich beschweren kann, sollte man sich betrogen fühlen. Irrtümer, etwa wenn man sich bei einer Zahlung vertippt, können nicht rückgängig gemacht werden. Außerdem kann es bis zu einer Stunde dauern, bis eine Transaktion endgültig bestätigt ist. Für kleine Alltagsgeschäfte wie den Zeitungskauf in der Trafik sei dies kaum praktikabel, meint Schamir.

Fehler im Bitcoin-Design
Für den Experten ist dieser Missbrauch aber nicht das grundsätzliche Probleme der Digitalwährung, sondern vielmehr deren Design, das von einflussreichen Gruppen für systematischen Betrug oder zur Zerstörung des Systems genutzt werden könne. Schon lange weiß man: Wenn 51 Prozent der Bitcoin-Schürfer sich absprechen, können sie das System manipulieren oder zerstören. Neue Berechnungen zeigen, dass dafür schon 33 Prozent genügen, wahrscheinlich auch nur 25 Prozent.

Das ist so bedrohlich, weil Bitcoins schon längst nicht mehr von unzähligen Einzelkämpfern geschürft werden. Inzwischen ist der Aufwand, neue Bitcoins zu produzieren so groß, dass nur mehr wenige große Organisationen dabei sind - meist in der Nähe besonders billiger Stromquellen in China. Der Stromverbrauch für die Bitcoin-Produktion ist so groß wie der einer deutschen Großstadt, hat eine Schätzung unlängst ergeben.

"Zwei oder drei chinesische Schürfer könnten Bitcoin zerstören", so Schamir deshalb. Aber da die Schürfer daran kein Interesse haben, sei die Gefahr nicht so groß. Es wäre aber durchaus vorstellbar, dass einmal eine Regierung ein Drittel der Schürfkapazität aufbaut - und dann sehr wohl ein Interesse an der Zerstörung der Bitcoins entwickelt. Das sei bedenklich. Zugleich erinnert Schamir daran, dass es inzwischen schon um die 1000 verschiedene Kryptowährungen gibt.

"Pyramidenspiel"
Schon jetzt investiere in Bitcoins nur, wer daran glaubt, die digitale Währung später teurer an andere verkaufen zu können. Zahlungen tätigen damit nur etwa 20 Prozent der User. Genau genommen könnte man es als Pyramidenspiel bezeichnen, so Schamir. Er erwartet weiter sehr starke Ausschläge beim Wert. Auch bisher schon konnte der Wert eines Bitcoin an einem Tag um ein paar hundert Euro fallen oder steigen. Zwischen Jahresanfang und Anfang September 2017 kam es zu einer Verfünffachung des Werts auf zeitweise 5000 Euro pro Bitcoin.

Eine Pizza von 25 Millionen Dollar
Was für Blüten diese Kursschwankungen treibt, zeige der Vergleich mit der ersten Bitcoin-Zahlung in der realen Welt: Damals wurde eine Pizza bestellt und ausgeliefert - gegen die Zahlung von 5000 Bitcoins. Nach aktuellem Kurs wäre die Pizza also 25 Millionen Dollar wert.

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