Aussteigerin klagt:

Gratis-Streaming macht Frauen zu Porno-Sklaven

Web
30.03.2017 06:57

Gratis-Pornoseiten im Internet haben in den vergangenen Jahren eine ganze Branche erschüttert: Noch nie wurden so viele Pornos wie heute konsumiert, gleichzeitig haben die Darstellerinnen noch nie so wenig Geld für ihre Arbeit bekommen. Streaming-Seiten wie YouPorn, Pornhub und Redtube seien verantwortlich für eine neue Form der Sklaverei, wirft ihnen nun eine Porno-Aussteigerin vor. In einer Doku analysiert sie die harte neue Porno-Welt.

Die Französin Ovidie (37) war selbst Teil der Pornobranche, ist aber vor Jahren ausgestiegen. Seither arbeitet sie als Regisseurin und "Porno-Philosophin", beleuchtet die gesellschaftlichen Auswirkungen und Eigenheiten der Szene. Im Film "Pornocracy", der kürzlich auf dem US-Technikfestival SXSW Premiere feierte, beleuchtet sie die Streaming-Revolution sowie ihre Folgen für die Branche und die Menschen, die in ihr arbeiten.

Doku thematisiert den neuen Raubtierkapitalismus des Sex
Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, kommt sie dabei zur Kernaussage, dass sich die Branche massiv zum Schlechteren verändert hat. Gab es früher professionelle Studios, Stars und Agenturen, die mit der Produktion von Sexfilmen ihr Geld verdient haben, hat die IT-Revolution die alten Geschäftsmodelle zerbrochen und zu einer Art Raubtierkapitalismus des Sex geführt.

Die Frauen, die sich Pornokonsumenten auf der ganzen Welt auf Streaming-Seiten ansehen, müssten durch die neuen Regeln der Gratis-Porno-Welt für immer weniger Geld immer brutalere Dinge tun, kreidet die Französin an. Ihr Film zeigt die Welt der Tube-Pornos schonungslos. Ovidie begleitet junge Russinnen in Budapest, die nur Wasser und Süßigkeiten frühstücken, weil das bei stundenlangen Analsex-Marathons praktischer sei. Und Frauen, die mit Betäubungsmitteln vollgepumpt werden, um solche Dreharbeiten einigermaßen ertragen zu können.

Online-Pornos führen zu neuer Qualität der Ausbeutung
Technologie und das Internet haben dem Film zufolge zu einer neuen Qualität der Ausbeutung von Pornodarstellerinnen geführt, eine "kapitalistische Maschine" erzeugt, in der einige wenige am Leid Vieler verdienen. Während die Darsteller 20-Stunden-Schichten schieben und immer extremere Sexpraktiken erdulden, sacken die Website-Betreiber die Gewinne großteils selbst ein, klagt Ovidie.

In ihrer Doku bringt die Ex-Darstellerin einige Beispiele für die Verursacher dieser "Porno-Sklaverei". Unternehmen wie Manwin, der Dachkonzern großer Pornoseiten wie Youporn, Pornhub oder Redtube, hätten die Branche binnen weniger Jahre grundlegend verändert. Sie betrachten sich selbst als IT-Konzerne, beschäftigen vor allem Programmierer - und beuten jene aus, die das Material liefern, an dem die Hintermänner so viel verdienen.

Webcam-Plattform: "Wir sind eine IT-Firma"
Im Film stattet sie einer Webcam-Firma in Luxemburg einen Besuch ab. Im Großraumbüro der Firma sitzen fast nur Programmierer, der Chef sagt: "Wir sind eine IT-Firma." Doch die Firma bietet keine Cloud-Services, Soft- oder Hardware an. Sie betreibt eine Plattform, auf der sich bis zu einer Million Webcam-Girls auf der ganzen Welt zur Schau stellen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Sie seien die Leidtragenden der neuen Welt der Pornos. Während sich findige Programmierer und Geschäftsleute an ihrer Arbeit bereichern, driften die Darsteller in prekäre Verhältnisse ab. Der Verdienst sei um 90 Prozent eingebrochen, klagen im Film alternde Regisseure und Produzenten. Sie sprechen gar von "semi-mafiösen" Methoden, einer "Verschwörung der Geeks". Ein Darstellerpaar aus Deutschland berichtet, dass sie fast 80 Prozent der durch ihre Clips generierten Werbeeinnahmen an den Plattformbetreiber abführen müssen.

Urheberrecht: Die Pornoindustrie hat keine Lobby
Neben der Ausbeutung der Darsteller wirft die Regisseurin den Porno-Websites auch vor, die Urheberrechte der etablierten Industrie mit Füßen zu treten. Immerhin fänden sich zahlreiche bekannte Streifen kostenlos im Internet, die man früher noch kaufen musste. Dagegen vorgehen kann die Pornobranche nur schwer. Einerseits fehlt ihr eine Lobby, andererseits mangle es an Solidarität. "Die Menschen demonstrieren für die Rechte von Journalisten, aber sicher nicht für die von Porno-Darstellerinnen, die als Opfer gelten und von Produzenten, die als Zuhälter gelten."

Offen bleibt die Frage, ob die Porno-Welt früher wirklich besser war. im Gespräch mit der Zeitung stellt die Regisseurin zwar klar, dass es "keine gute alte Zeit" in der Pornoindustrie gab. Trotzdem habe die Gratiskultur im Netz eine bedenkliche Entwicklung ermöglicht: Wenn alles jederzeit kostenlos verfügbar ist, müssen die Filme immer extremer werden, um noch geklickt zu werden und Gewinne zu generieren. Ein Teufelskreis für die Darstellerinnen.

"Pornocracy" wird momentan auf Filmfestivals in Nordamerika und Europa gezeigt. Wann der Film hierzulande regulär zu sehen sein wird, steht noch nicht fest.

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