24-Stunden-Betreuung

Pflege: Die meisten Menschen wollen zu Hause sein

Nachrichten
25.01.2018 10:09

Alleine in Niederösterreich sind derzeit rund 24.000 Personenbetreuerinnen und rund 180 Vermittlungsagenturen tätig. Es herrscht also enormer Bedarf an Modellen zur Betreuung Hilfsbedürftiger. Pflege-Experte Reinhard Rodlauer im Gespräch mit Robert Pozdena, neuer Obmann der Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung der NÖ Wirtschaftskammer.

Herr Pozdena, in Niederösterreich arbeiten ja die meisten PersonenbetreuerInnen in Österreich, aber auch viele Agenturen zur Vermittlung von geschulten Fachkräften. Wie sehen Sie die aktuelle Situation grundsätzlich?
"Meine Aufgabe ist es, die Interessen beider Berufsgruppen zu wahren. Aber ob selbstständige Personenbetreuungskraft oder Vermittlungsagentur: Im Fokus müssen zuletzt immer die zu betreuende Person und deren Angehörige stehen."

Alle Experten und auch die selbst betroffenen Personen, mit denen ich in den letzten Monaten gesprochen habe, bezeichnen die "24-Stunden-Betreuung" als absolutes Erfolgsmodell, das schon seit Jahren optimal funktioniert. Dennoch kommt diese Form der Hilfe für ältere Menschen leider in regelmäßigen Abständen in die Kritik. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
"Diese Branche gibt es seit knapp 10 Jahren und musste sich somit erst entwickeln. Dabei haben sich bedauerlicherweise auch einige ,Glücksritter‘ versucht. Und zwar ohne Qualitätsansprüche und ohne transparente Vertragsgestaltung. Das führte dazu, dass sowohl seriöse und gut arbeitende Vermittlungsagenturen als auch ehrliche und fleißige PersonenbetreuerInnen in ein schiefes Licht gerieten! Ohne den unermüdlichen Einsatz beider - BetreuerInnen ebenso wie die seriösen Agenturen - würden wir in Österreich einem massiven Problem in der Betreuung älterer Menschen gegenüberstehen! Es ist mir wichtig festzuhalten, dass wir jede Kritik ernst nehmen und dieser auch nachgehen. Aber die überwältigende Anzahl der Rückmeldungen von zu betreuenden Personen bzw. deren Angehörigen ist sehr positiv!"

Sie sprechen Qualität der Betreuung und Transparenz an. Durch welche Maßnahmen haben Sie vor, hier Verbesserungen zu erreichen?
"Bereits vor meiner Nominierung zum Obmann habe ich gemeinsam mit vielen Kollegen aus der Branche an einem Qualitätszertifikat für Vermittlungsagenturen und einer qualifizierten Fort- und Weiterbildung für die PersonenbetreuerInnen gearbeitet. Dieses Projekt haben wir in den letzten Monaten weiterentwickelt und stehen unmittelbar vor der Präsentation. Hauptsächlich geht es darum, die Qualität in beiden Bereichen weiter anzuheben und eine noch bessere Dienstleistung anbieten zu können."

Da haben Sie sich ja einiges vorgenommen! Welcher Zeitrahmen schwebt Ihnen für die Realisierung vor?
"Wir sind schon sehr weit und werden das Zertifizierungsmodell für Vermittlungsagenturen bereits jetzt im Herbst vorstellen. Ab Jänner 2018 können sich interessierte Agenturen zur Überprüfung anmelden und erhalten bei positiver Bewertung ein Gütesiegel. Ebenso werden wir ab Jänner 2018 eine neue Weiterbildungsakademie für PersonenbetreuerInnen der Wirtschaftskammer präsentieren, um allen BetreuerInnen eine qualifizierte und nachhaltige Fortbildung anbieten zu können."

In den Medien werden immer wieder die Agenturen kritisiert. Tenor: Wozu braucht man sie überhaupt? Wie stehen Sie zu dieser Kritik?
"Wie in jeder Branche gibt es auch bei uns einige wenige schwarze Schafe. Aber entgegen der negativen Ansichten arbeiten mehr als 90% der Vermittlungsagenturen nicht nur sehr seriös, sondern machen einen wirklich guten Job! Die Agenturen sind schließlich ein sehr wichtiges Bindeglied zwischen zu betreuender Person und BetreuerIn. Schon bei der Vorauswahl der BetreuerInnen, beim Thema sicherer und termingerechter An- und Abreise der Betreuungskräfte und im Fall von Problemen während der Betreuung ist die Vermittlungsagentur ein wertvoller Ansprechpartner für alle Beteiligten. Also natürlich auch für Angehörige. Ebenso bei einem plötzlichen Ausfall der BetreuerIn - etwa durch eigene Krankheit - ist eine Agentur ein wichtiger Partner, um rasch geeigneten Ersatz zu organisieren."

Viele Menschen beteuern ausdrücklich, sie würden am liebsten zu Hause bleiben. Egal, ob nun der Pflegeregress abgeschafft wurde oder nicht. Viele können sich aber die 24-Stunden-Betreuung einfach nicht leisten! Unterstützen Sie hier eine Erhöhung der Förderung für dieses Modell?
"Eines unserer wesentlichen Anliegen ist endlich eine Evaluierung der 24-Stunden-Förderung durch das Sozialministerium! Die Förderung wurde seit 2008 nicht mehr angepasst, wiewohl wir alle wissen, dass die Kosten für die Betreuung für die Angehörigen bzw. den Patienten in den letzten 9 Jahren erheblich gestiegen sind. In Gesprächen mit den zuständigen Ministern habe ich in den letzten Wochen und Monaten versucht, nicht nur Verständnis dafür zu schaffen, sondern gezielt auf die dringend notwendige Erhöhung hingewiesen."

Abschließend noch folgende Frage: Was macht die 24-Stunden-Betreuung für so viele Menschen nicht nur in Niederösterreich, sondern im ganzen Bundesgebiet sowie bereits auch in Deutschland so begehrt?
"Das ist ganz einfach zu beantworten: Einerseits bietet diese Form der Betreuung den Vorteil einer 1:1 Betreuung (eine Betreuerin pro Patient). Diese Situation ist zum Beispiel im Pflegeheim nicht gegeben. Andererseits ist es durch unzählige Studien bewiesen, dass die Betreuung in den eigenen vier Wänden zu einer deutlich höheren Lebensqualität für die betroffenen Menschen Person beiträgt. Man darf zu Hause alt werden - was gibt es Schöneres?"

Reinhard Rodlauer*, Kronen Zeitung

*Reinhard Rodlauer ist Pflege-Sachverständiger und Geschäftsführer einer Agentur für 24-Stunden-Pflege. Er stellt in der "Krone" Erfahrungsberichte von betroffenen Menschen vor. Möchten Sie ihm Ihre Geschichte übermitteln, so schreiben Sie bitte an: 24stunden@rodlauer.com
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.24stundenpflege.rodlauer.com

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