Leiche eingemauert

Steirer: “Ich bin froh, dass ich kein Killer bin”

Österreich
18.03.2017 08:49

Ein Blackout, eine Leiche im Keller, eine vorgetäuschte Entführung. Zwei Tage stand ein 40-jähriger Steirer unter Mordverdacht. Dann kam er frei. Jetzt sagt der Mann: "Ich bin froh, dass ich kein Killer bin." Er wird, die "Krone" berichtete, nun "nur" wegen Störung der Totenruhe angezeigt und wurde auf freien Fuß gesetzt.

Ein unangenehm-süßlicher Geruch dringt aus dem weiß verputzen Haus, das an einer einsamen Straße in St. Sebastian steht. Es ist der Geruch des Todes. Kriminalbeamte haben hier in der vergangenen Woche grauenhafte Arbeiten verrichten müssen, im Keller stückchenweise Beton abgetragen, mit Bohrern und Stemmeisen. Um die Leiche von Elvira B. freizulegen.

Seit dem 4. Dezember 2016 hatte die 42-jährige Ungarin als abgängig gegolten. Der Freund ihrer Cousine, Christian T. (40), hatte sie damals in ihrem Heimatort besucht, mit ihr Marihuana geraucht und sie danach in die Steiermark chauffiert.

Während der Fahrt, behauptet der Mechaniker, sei es bei ihm "zu einem Filmriss gekommen". Daher könne er nur wenig über die Vorkommnisse später bei sich daheim berichten: "Ich vermute, dass wir Alkohol getrunken und uns Pillen eingeworfen haben. Ich erinnere mich bloß: Als ich am nächsten Morgen aus meinem Delirium erwachte, lag Elvira tot in meinem Bett."

"Es hätte ja sein können, dass ich sie getötet habe"
Da sei er in Panik geraten: "Ich wusste ja nicht, ob ich ihr etwas angetan hatte." Und er beschloss eine Vertuschungsaktion. "Ich wollte die Leiche zersägen, doch schon beim Gedanken daran übergab ich mich. Dann kam ich auf die Idee mit dem Grab unter der Stiege." Und er warf die Mischmaschine an.

Angehörige von Elvira B. meldeten sich bald bei Christian T., um von ihm zu erfahren, wieso die Frau plötzlich nicht erreichbar war. "Ich stellte mich blöd." Eine Taktik, die nicht aufging. Die Nachfragen wurden eindringlicher, letztlich die Androhung, seine 17-jährige Tochter zu entführen.

Christian T.s nächste absurde Handlung: Acht Tage hindurch versteckte er sich in Wäldern, gab sich bei seinem Aufgriff als Opfer eines Kidnappings aus. "Meine Geschichte stand in Zeitungen, ich dachte, dass ich dadurch meine Bedroher einschüchtern und die Spur von mir weglenken würde." Fehlannahme. Die Polizei ermittelte bereits in dem Vermisstenfall.

Eine Nachschau im Haus des 40-Jährigen mit Spürhunden. Er unter Mordverdacht in U-Haft. Schließlich ein ihn entlastender Obduktionsbefund: Die Frau dürfte an einer Überdosis Drogen gestorben sein.

Vom braven Familienvater zum Partytiger
Wie es Christian T. jetzt, wieder in Freiheit, geht? "Er hat", berichten Menschen aus seinem Umfeld, "aus dem Drama nichts gelernt, will mit seiner Freundin zusammenbleiben, die ihm bloß Unglück bringt." Seine Freundin: Timea D. (42), die Cousine von Elvira B.. Eine ambitionierte, aber eher mäßig erfolgreiche Sängerin, nebenbei im Rotlichmilieu tätig.

Christian T.s Geschichte? Lange verlief sein Dasein geradlinig. Jung heiratete er eine Verkäuferin, bekam mit ihr zwei Mädchen. In seinem Beruf galt er stets als fleißig und zuverlässig. In seiner Freizeit renovierte er das von seiner Familie geerbte Haus in St. Sebastian.

Es war 2012, als der Mechaniker begann, häufig alleine auszugehen. Neuen Freunden, die er in Lokalen kennenlernte, erzählte er immer öfter von seinem Gefühl, "etwas versäumt zu haben". Irgendwann, nach einem durchzechten Abend, ein Besuch in einem Bordell. Wo er Timea D. kennenlernte und sich sofort unsterblich in sie verliebte. Die Ungarin, sie versprach ihm viel: ihren Job in dem Etablissement aufzugeben, nur noch ihm zu gehören. "Mein Mann ließ sich rasch wegen ihr von mir scheiden", berichtet seine Ex-Frau.

Ein Leben wie auf einer Hochschaubahn
Christian T.s "Danach": ein Leben wie auf einer Hochschaubahn, mit vielen Hochs und Tiefs. Jeden Wunsch las er Timea D. von den Augen ab, feierte mit ihr in Discos, schenkte ihr Kleider, lud sie in teure Restaurants ein. Verschuldete sich schwer.

Die Treffen des Paars mit unzähligen Fotos auf Facebook zur Schau gestellt, darunter Kommentare der beiden, in denen sie einander grenzenlose Zuneigung bekundeten. Dazwischen Postings des Mannes über seine Pein, "in einer komplizierten Beziehung" zu sein.

Elvira B., Mutter einer 24-jährigen Tochter, in ihrer Heimat arbeitslos gemeldet, arbeitete manchmal in demselben Club wie Timea D.. Diese sei es gewesen, die Christian T. am 4. Dezember 2016 dazu angewiesen hätte, ihre Verwandte von Ungarn nach Österreich zu fahren und vorübergehend bei ihm unterzubringen.

Der Mann träumt jetzt von einer Zukunft in Ungarn
"Als es hieß, Chris habe sie umgebracht", so Timea D., "wollte ich von ihm nichts mehr wissen." Doch "nach Aufklärung des Unglücks" wäre sie "wahrscheinlich" zu einer Versöhnung mit ihm bereit: "Denn er bleibt meine große Liebe."

Die Pläne des Mechanikers? Er überlegt, sein Haus in St. Sebastian zu veräußern, mit dem Erlös die in den vergangenen Jahren aufgenommenen Kredite zu tilgen und seiner Freundin eine Eigentumswohnung in Ungarn zu kaufen. Um dort mit ihr "ganz neu zu beginnen".

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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