"I am from Austria"

Fendrich: “Ich bin ein Macher und kein Verbeuger”

Musik
11.09.2017 07:05

Seine Songs sind ein Stück österreichische Popgeschichte, nun erobern sie die Theaterbühne: Mit "I am from Austria" verpacken die Vereinigten Bühnen Wien die Hits von Rainhard Fendrich in ein Musical. Die Uraufführung mit Irena Flury, Lukas Perman und Elisabeth Engstler findet am 16. September um 19.30 Uhr im Wiener Raimund Theater statt.

(Bild: kmm)

Der Musiker selbst, der am Mittwoch einer Hauptprobe im Raimund Theater beiwohnte, sprach mit der Austria Presse Agentur über das Abgeben der eigenen Lieder und Überraschungen.

Herr Fendrich, wie geht es Ihnen damit, wenn aus Ihren Songs eine neue Geschichte gemacht wird?
Rainhard Fendrich: Es ist interessant. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich bereit erklärt habe, meine Lieder dafür herzugeben. Neugier ist eine der wesentlichen Triebfedern, und ich war neugierig, mit einem Star wie Michael Reed (Arrangeur, Anm.) zusammenzuarbeiten, der viele erfolgreiche Broadway-Musicals schon ins Leben gerufen hat. Ich war sehr beeindruckt davon, wie man Lieder, die eigentlich ganz anders gemeint waren, plötzlich in einem anderen Kontext sieht, mit einem Arrangement von anderen Menschen interpretiert hört, und ich habe irgendwann das Gefühl bekommen, dass ich Publikum bin und eigentlich nicht mehr mir zuhöre, sondern dem Cast. Das war für mich teilweise sehr berührend, wie sie diese Lieder vereinnahmt haben.

Das Musical ist in gewisser Form auch ein Best-of Ihrer Karriere. Wo sind denn für Sie die Unterschiede zwischen dieser Show und einem Ihrer Konzerte?
Das klingt vielleicht ein bisschen flapsig, aber ein Best-of muss man erst einmal haben. Das Rainhard-Fendrich-Konzert ist zu einem großen Teil von meinem neuen Album durchflutet und hat natürlich auch alte Hits. Aber ich habe so viele Lieder geschrieben, ich könnte mit meinen Songs fünf Musicals füttern. Ein Rainhard-Fendrich-Konzert ist ganz etwas anderes, weil ich ich bin. Und das ist jetzt etwas, das in einer Überarbeitung eines sehr begabten Orchestrierers in einem ganz anderen Kontext stattfindet. Das finde ich interessant und auch charmant, wie es passiert ist. Es war heute eine Hauptprobe und ich bin zu lange auf einer Theaterbühne, als dass ich nicht weiß, was noch alles anders werden muss. Aber im Grunde habe ich ein sehr gutes Gefühl und ich glaube, dass es dem Publikum gefallen wird.

War es ein großer Schritt für Sie, diesem Vorhaben zuzustimmen?
Fendrich: Es war ein jahrelanges Nein. Ich kenne Titus Hoffmann (Buchautor, Anm.) schon sehr lange, er hat auch bei meinem eigenen Musical vorgesungen. Daraus ist eine Freundschaft entstanden. Er kam dann mit der Idee, aus meinen Songs ein Musical zu machen - das interessierte mich aber nicht. Das ist ja immer so ein Abschluss, auch wenn das Lebenswerk geehrt wird. Da muss ich ehrlich sagen: Ich pfeif auf das! Ich bin noch nicht fertig. Wenn ich fertig bin, werden das die Leute schon erfahren. Es war erst für mich interessant, als sich wirklich die Vereinigten Bühnen sehr seriös bei mir gemeldet haben und wir Gespräche geführt haben. Dann habe ich gesagt: Okay, ich lasse mich auf dieses Abenteuer ein. Seit dem ersten Workshop habe ich gemerkt: Hallo, da passiert etwas Interessantes. Man kann aber nichts prophezeien, es gibt ja keine Garantie, ob etwas erfolgreich wird oder nicht. Aber für mich ganz persönlich war es hochinteressant zu erleben, wie Menschen, die ich teilweise gar nicht kenne, sich mit meinen Liedern mehr und intensiver auseinandersetzen, als es mein Publikum getan hat in den letzten 35 Jahren. Die haben in den letzten Monaten nichts anderes gemacht, als meine Texte zu verinnerlichen und meine Lieder zu singen.

Hat es bei der Auswahl der Songs für Sie Überraschungen gegeben?
Ich war in den Arbeitsprozess nicht so wirklich involviert. Ich war weder beim Bühnenbild dabei, noch bei den Castings und auch nicht bei der Auswahl der Lieder. Auf ein Lied etwa habe ich total vergessen, das unheimlich gut hineinpasst: "I möcht dir auf amol Dankschön sagn" ("Liebeslied", Anm.) von meinem zweiten Album, da war ich 26. Das hat mich schon überrascht und es hat mich überrascht, was Michael Reed daraus gemacht hat. Ich habe wirklich auf manche Lieder schon vergessen, und es war schön zu erleben, wie das eine Eigendynamik bekommt - ohne mein Zutun.

Sie haben gegenüber dem Cast erklärt, dass Sie bei der Premiere nicht dabei sein können ...
Alt ist man dann, wenn man an der Vergangenheit mehr Freude hat als an der Zukunft. Ich habe so viele Projekte und gerade in der Zeit habe ich etwas, das für mich sehr wichtig ist. Zeit ist leider nicht teilbar. Aber es ist ja nicht so, dass mich das nicht interessiert. Wir haben jetzt auch noch eine Besprechung, weil ich meine Ideen einbringen will. Ich bin ein Macher und kein Verbeuger. Ich wäre gern dabei gewesen und hätte gern das mitgefeiert. Aber mein künstlerisches Leben ist noch nicht vorbei, das ist eine Priorität in meinem Leben. Ich weiß, dass dieses Ensemble das alleine kann. Ich werde sicherlich kommen und mir das anschauen, weil es mich interessiert, was daraus wird. Aber bei der Premiere habe ich, leider Gottes, nicht etwas Besseres, aber für mich etwas ganz Wichtiges zu tun.

Ist ein Musical mit den eigenen Songs etwas, das man gerne erreicht, das man gewissermaßen auf einer Liste abhakt?
Ich bin kein Abhaker. Das einzige, was ich dazu beigetragen habe, ist ein neuer Song. Aber etwas, wofür ich nichts getan habe, habe ich auch nicht abzuhaken. Und abhaken ist so etwas Endgültiges. Ich hole mir auch gerne alte Platten raus und höre mir meine Stimme vor 30 Jahren an. Ich entdecke oft, wie ich ein Lied gemeint habe, wenn ich mir zuhöre, wie ich damals gesungen habe. Abhaken ist so buchhalterisch, ein Künstlerleben funktioniert anders.

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