Hofer entspannt:

“Entweder Kurz oder Kern nach Wahl nicht mehr da”

Österreich
23.07.2017 14:18

Sind die Chancen der FPÖ auf eine Regierungsbeteiligung nach den Diskussionen um den Abgeordneten Johannes Hübner gesunken? Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, als stellvertretender Parteivorsitzender ein FPÖ-Schwergewicht, sieht das nicht so. "Ich sehe das sehr entspannt. Letztendlich wird sich nach der Wahl vieles anders präsentieren", sagte er im APA-Interview - und prophezeite, dass einer der Kanzlerrivalen seines Parteichefs Heinz-Christian Strache, Amtsinhaber Christian Kern (SPÖ) oder ÖVP-Chef Sebastian Kurz, dann nicht mehr im Amt sein werde.

Irritationen gab es zuletzt genug, vor allem mit den Sozialdemokraten: zunächst die Präsentation einer SPÖ-nahen Anti-FPÖ-Plattform, dann den Wirbel um den freiheitlichen Abgeordneten Hübner und dessen als antisemitisch kritisierte Anspielungen bei einer rechtsextremen Veranstaltung. Hofer will das "nicht überbewerten", eine mögliche SPÖ-FPÖ-Koalition, die sowohl von Teilen der SPÖ als auch der Freiheitlichen forciert wird, sieht er dadurch nicht vom Tisch.

Allerdings sende die SPÖ derzeit unterschiedliche Signale aus. "Einerseits gibt man sich einen Kriterienkatalog, um gewisse Probleme zu neutralisieren, andererseits hat man nicht den Mut, den Parteitagsbeschluss gegen eine Koalition mit der FPÖ zu ändern, und dann geht auch noch die Frau des Kanzlers in ein Komitee gegen die FPÖ. Das ist einigermaßen schräg."

Antisemitismus? "Da bin ich sehr hellhörig"
Auf Distanz geht Hofer zu etwaigen antisemitischen Codes in der FPÖ. "Dafür darf es in der Politik in Österreich generell keinen Platz geben. Wir haben eine besondere Geschichte, aus der erwächst eine besondere Verantwortung. Wer mich kennt, weiß, dass ich beim Thema Antisemitismus keinen Spaß verstehe und sehr sensibel bin. Deshalb schaue ich mir das sehr genau an und bin da sehr hellhörig." Man habe ihm aber berichtet, dass Hübner die Vorwürfe bestreitet. "Ich gehe davon aus, dass das den Tatsachen entspricht." Die "größte Gefahr für das Wiederaufflammen von Judenhass in Österreich" sieht Hofer ohnehin durch "Zuwanderung aus Ländern, in denen Antisemitismus auch in Taten gelebt wird".

Ob Hofer bei einer blauen Regierungsbeteiligung im Nationalratspräsidium bleibt oder in ein Ministeramt wechselt, lässt er offen. "Das wird sehr davon abhängen, wie die Regierungsverhandlungen laufen und in welchen Bereichen Expertise gefragt ist. Ich bin sicher ein Breitbandpolitiker. Ich war bisher in den Bereichen Energiepolitik, Umweltpolitik, Infrastruktur, Soziales und internationale Kontakte tätig. Wenn es etwas ist, wo ich tatsächlich mithelfen kann, mache ich das sehr gerne, aber ich bin auch unheimlich gerne im Präsidium des Nationalrats. Man kann sich in der Politik oft nicht aussuchen, wo man zum Einsatz kommt, das habe ich im letzten Jahr gelernt", so Hofer in Anspielung auf seine zunächst nicht angestrebte Präsidentschaftskandidatur für die Freiheitlichen.

Nach der Wahl am 15. Oktober werde die österreichische Polit-Landschaft jedenfalls anders aussehen, glaubt Hofer. Die beiden Hauptrivalen seines Parteichefs Strache im Rennen um den Kanzlersessel sieht er nicht mehr gemeinsam in einer Regierung: "Ich gehe davon aus, dass einer der beiden Spitzenkandidaten, Kurz oder Kern, nach der Wahl nicht mehr im Amt sein wird."

"Strache ist die klare Nummer eins"
Den FPÖ-Wahlkampf wird Hofer gemeinsam mit Strache absolvieren. "Wir starten im September und machen beide eine Österreich-Tour. Strache ist die klare Nummer eins, ich unterstütze ihn nach besten Kräften. So bringen wir die doppelte Stärke zusammen." Hofer soll hinter Strache auf Platz zwei der FPÖ-Bundesliste antreten. "Die Listenpräsentation nimmt Heinz-Christian Strache vor, aber man kann davon ausgehen, dass es so sein wird."

Als politisches Ziel will Hofer im Fall einer Regierungsbeteiligung neben dem Ausbau der direkten Demokratie den Rechnungshof stärker in die Gesetzwerdung einbinden. Dieser soll künftig auf Basis seiner Prüfberichte und Empfehlungen Gesetzesvorschläge entwickeln, die dann als Vorlagen im Parlament behandelt werden, so der Dritte Nationalratspräsident. "Derzeit ist es parlamentarische Praxis, dass vor allem Vorlagen der Regierung beschlossen werden. Dazu kommen Initiativanträge von den Parlamentsparteien. Der Rechnungshof zeigt im Moment viele Schwächen und Verbesserungsvorschläge auf. Dann wird applaudiert, und es passiert wenig. Wenn auch der Rechnungshof Gesetzesvorschläge erarbeitet, dann ändert sich vieles. Das wäre ein echter Systembruch", so Hofer.

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