Streit um Demo-Recht

Jetzt bekommt Sobotka Rückendeckung von Polizei

Österreich
08.02.2017 13:09

In der Debatte rund um die Änderung des Demonstrationsrechts bekommt Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) nun - wenn auch indirekte - Rückendeckung von Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl. So hält dieser eine Novellierung für nötig. Dies habe auch eine Expertengruppe aus Ministeriums- und Polizeivertretern vorgeschlagen. Nicht erfreut über den Vorstoß seines Parteikollegen Sobotka zeigte sich hingegen ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Ein derart sensibles Thema müsse man vorerst einmal intern besprechen, so der Vizekanzler.

Teile des Arbeitspapiers der Expertengruppe hätten Eingang in den von Sobotka vorgelegten Entwurf gefunden und würden jetzt öffentlich diskutiert, so Pürstl, der am Mittwoch im Gespräch mit der APA die Vorschläge der Arbeitsgruppe verteidigte. Diese sei zum Schluss gekommen, dass eine Modernisierung des seit 150 Jahren unveränderten Versammlungsrechts nötig sei, um es den jetzigen Gegebenheiten - etwa der Möglichkeit, über Social Media Spontanversammlungen zu organisieren - anzupassen.

In die politische Diskussion - die SPÖ lehnt Sobotkas Vorhaben ja strikt ab - wolle sich er, Pürstl, als Beamter aber nicht einmischen. Er könne nur auf sachlicher Ebene erklären, was aus Sicht der Versammlungsexperten nötig ist.

"Klarheit und Transparenz schaffen"
Diesen ginge es darum, so Pürstl, "weitgehende Klarheit und Transparenz" zu schaffen und die ungestörte Abhaltung angezeigter Versammlungen sicherzustellen - etwa mit der Schutzzonen-Definition, dass Gegendemonstrationen einen Abstand von 150 Metern einhalten müssen. Dies entspreche der geübten Praxis - die Polizei untersagt Gegenkundgebungen nahe an Demos, muss derzeit aber in jedem Einzelfall, also bei jeder Demo-Anmeldung, abwägen, mit den Kontrahenten diskutieren und beurteilen. Mit der gesetzlichen Regelung würde für Anmelder von vornherein klargestellt, dass eine zu nahe Gegendemo nicht genehmigt wird. Zudem sei eine gesetzliche Schutzzone auch nichts Neues: An Sitzungstagen sind zum Beispiel Demonstrationen 300 Meter rund um das Parlament verboten.

Keine Verbote "aus Jux und Tollerei"
Auch beim Vorschlag, die Abhaltung von Demos per Verordnung generell für eine bestimmte Zeit und an gewissen Orten zu untersagen, gehe es darum, nicht jeden Einzelfall beurteilen zu müssen, sondern etwa für die Einkaufssamstage im Advent Kundgebungen auf der Mariahilfer Straße generell zu verbieten. Ein Verbot könnte freilich nicht "aus Jux und Tollerei" erfolgen, betonte Pürstl, sondern nur "nach sorgfältiger Abwägung der verfassungsrechtlichen Rechte". Es dürfte auch keinesfalls eine größere Region (etwa die Innere Stadt in Wien), sondern nur bestimmte Plätze oder Straßenzüge umfassen.

Was die verstärkte Verantwortung des Versammlungsleiters - ebenfalls ein umstrittener Punkt - betrifft, verwies Pürstl darauf, dass dieser und die Ordner schon jetzt per Gesetz verpflichtet seien, für die Aufrechterhaltung der Ordnung Sorge zu tragen, gesetzwidrigen Aktionen entgegenzutreten und die Demo aufzulösen, wenn dies nicht befolgt wird. Für Nicht-Einschreiten droht derzeit eine Geldstrafe von 720 Euro, das hielten die Experten für zu wenig. "Sicherlich mehrere Tausend Euro" wären für Pürstl angemessen, wenn zum Beispiel der Versammlungsleiter bei Ausschreitungen einfach weggeht und die Kundgebung nicht auflöst.

"Man kann über alles diskutieren"
Im Verwaltungsstrafrecht seien hohe Strafdrohungen durchaus üblich - etwa bis zu 5000 Euro für Verstöße gegen das Kraftfahrgesetz, wozu auch schon zähle, wenn ein Autobesitzer den Lenker nicht bekannt gibt. Man könne aber "über alles diskutieren", so Pürstl. Im Arbeitspapier hätten die Experten nur Vorschläge gemacht, "was davon umgesetzt wird, ist Sache der Politik".

FPÖ unterstützt Sobotkas Pläne
Zuspruch erntete Sobotka auch von den Freiheitlichen. "Wir bekennen uns zum Demonstrationsrecht, aber auch die Rechte von nicht-demonstrierenden Bürgern, Anrainern und Geschäftsleuten sind zu schützen", meinte Generalsekretär Herbert Kickl. Gleichzeitig kritisierte er die SPÖ, die zwar im Internet das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung beschneiden wolle, aber "beim Demonstrationsrecht macht sie unter dem Deckmantel der Verteidigung der Grundrechte linkslinken Chaoten die Mauer".

Mitterlehner pfeift Sobotka zurück
Auch Vizekanzler Mitterlehner meldete sich in der Causa zu Wort. Ein derart sensibles Thema wie Grundrechte müsse man vorerst einmal intern besprechen, meinte der ÖVP-Chef. Verunsicherung und Emotionalisierung seien einer Sachlösung abträglich. Er sehe derzeit jedenfalls wenig Möglichkeit, das Thema im Laufen zu halten, so Mitterlehner.

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