Grüne Turbulenzen

Lunacek hofft weiter, dass Pilz Kriegsbeil begräbt

Österreich
02.07.2017 15:13

Trotz der heftigen Wahlkampf-Turbulenzen bei den Grünen hofft Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek noch immer, dass Partei-Urgestein Peter Pilz - der mit einer eigenen Liste bei den Nationalratswahlen antreten will - mit ihr wahlkämpfen wird. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagte Lunacek am Sonntag im Ö3-Sommergespräch in "Frühstück bei mir" - wo sie auch offen über ihre lesbische Fernbeziehung sprach, auch wenn sie der "Inszenierung des Privatlebens" im Wahlkampf kein großes Gewicht gibt. Der Kampf für die "Ehe für alle" stehe bei ihr auch politisch im Mittelpunkt.

Lunacek äußerte sich am Sonntag verhalten optimistisch, dass Pilz doch keine eigene Liste gründen möchte. "Ich hab ihn auch angerufen, ich hab mit ihm gesprochen, wir haben ausgemacht - auch vergangenen Mittwoch noch -, dass wir uns Mitte oder Ende Juli noch einmal zusammensetzen. Ich hoffe immer noch, dass Peter Pilz mit mir wahlkämpfen wird", sagte sie im Gespräch mit Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl.

"Krone"-Interview mit Peter Pilz: Ist das jetzt ihre Rache?

Den düsteren Prognosen, dass die Grünen im Fall einer "Liste Pilz" nicht einmal mehr einen Einzug ins Parlament schaffen werden, will sie keinen Glauben schenken. "Das kann und will ich mir nicht vorstellen. Ich glaube es auch nicht. Ich bin immer noch zuversichtlich und ich weiß, was ich kann", gab sich Lunacek kämpferisch.

Auf die lautstarke Kritik an Pilz' Abwahl angesprochen, sagte die Grünen-Spitzenkandidatin: "In den letzten Monaten - wie oft mussten wir uns anhören, das sind zu viele 'Eisenhintern' und alte Funktionäre, die beißen die Jungen raus. Und jetzt haben wir sozusagen viele kompetente, jüngere Leute dabei - jetzt heißt es: Wir haben die alten nicht gewählt."

Der "Aufdeckungsbereich" sei jedenfalls auch durch andere abgedeckt. "Es gibt andere, die das auch können. Gabi Moser und Werner Kogler, die haben das bisher mit Peter Pilz gemeinsam gemacht und viel von ihm gelernt", so Lunacek.

Lunacek möchte Kern, Kurz und Strache "nicht das Feld überlassen"
Den Männern möchte sie im Wahlkampf indessen "nicht das Feld überlassen", so Lunacek mit Blick auf die drei Spitzenkandidaten und Kanzlerkandidaten Christian Kern (SPÖ), Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ). "Ich bin eine Frau, die einzige Frau an der Spitze, das wird mir helfen, auch als Feministin." Sie sei einiges auch an Härte gewöhnt "und wir werden eine Kampagne machen, bei der wir die Themen in den Vordergrund stellen".

Der "Inszenierung des Privatlebens", das in diesem Wahlkampf immer wieder Thema ist, möchte die offen lesbisch lebende Politikerin kein großes Gewicht geben. "Ich bin da sicher auch vorsichtiger. Außerdem ist das so, dass meine Lebensgefährtin in Brüssel lebt und arbeitet, die wird auch nicht die ganze Zeit hier sein. Sie ist sehr zurückhaltend."

Über das Kennenlernen ihrer peruanischen Partnerin, mit der sie bereits seit 24 Jahren liiert ist, sprach die 60-Jährige hingegen sehr offen. Die beiden hatten sich demnach vor 28 Jahren in Wien kennengelernt. "Damals war die Weltkonferenz der internationalen Lesben- und Schwulenorganisation. Rebecca, meine Partnerin, war damals die Direktorin der einzigen Lesben- und Schwulenorganisation in Peru", erinnerte sich Lunacek an den Beginn ihrer Beziehung mit der peruanischen Aktivistin.

"Wir, 120 Schwule und Lesben aus der ganzen Welt, sind dann ins KZ-Museum nach Mauthausen gefahren. Bei der Fahrt dorthin sind Rebecca und ich zufällig nebeneinander gesessen, und wir haben so viele Ähnlichkeiten entdeckt und uns ein bisschen ineinander verliebt. Und am Weg zurück waren wir dann in Stammersdorf bei einem Heurigen. Da hat sie mir eine rote Rose geschenkt, ist aber am nächsten Tag zurück nach Peru. Vier Jahre später haben wir einander erst wieder getroffen, wieder in Wien. Da habe ich gemerkt, ich habe mich voll in sie verliebt, und mich von meiner damaligen Freundin getrennt."

Kampf für "Ehe für alle" im politischen Mittelpunkt
Das Bekenntnis zu ihrer Homosexualität sei für sie auch politisch - derzeit steht ihr Kampf für die "Ehe für alle" im Mittelpunkt. Sie selbst habe als Teenager akzeptiert, lesbisch zu sein, so die grüne Spitzenkandidatin. "Es war bei einem Frauenfest, da saßen dann zwei und schmusten miteinander, und ich hab so hingeschaut und hab mir gedacht: Warum bin ich da nicht schon früher auf die Idee gekommen? Also ich hab für mich selber so eine Selbstverständlichkeit dabei gehabt, auch mit dem Unverständnis, wie da irgendjemand was dagegen haben könnte. Und das hat mir auch sehr geholfen. Ich verstehe es bis heute nicht, warum da wer ein Problem damit hat."

Die Fernbeziehung wird auch nach der Wahl bestehen bleiben: Lunaceks Lebensgefährtin bleibt in Brüssel, wo sie für die Organisation "Education International" arbeitet, auch wenn die 60-Jährige ihr EU-Mandat aufgeben wird und in den Nationalrat zurückkehrt. Sollte es zur Verpartnerung kommen, dann wollen die beiden dafür nach Peru gehen: "Dann kann auch die Familie meiner Lebensgefährtin dabei sein."

Nach der Politik möchte Lunacek Österreich verlassen - zumindest für eine Zeit: "In zehn Jahren möchte ich eine Zeit lang in Peru leben und Bücher vom Spanischen ins Deutsche übersetzen."

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