"Erdogan-Falle"

Pilz fordert jetzt Reisewarnung für die Türkei

Österreich
09.03.2017 12:53

Nachdem der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz am Dienstag ans Tageslicht gebracht hatte, dass in der Türkei vorübergehend fünf Männer mit österreichischen Reisepässen wegen Terrorverdachts inhaftiert waren, hat er sich am Donnerstag in Wien ein weiteres Mal unmissverständlich zur Causa geäußert. Pilz, der von zwei der wieder freigelassenen Männer begleitet wurde, forderte eine Reisewarnung für die Türkei: "Diese ist ganz wichtig für jene, die nicht Verehrer von Erdogan sind."

Die fünf Doppelstaatsbürger mussten offenbar für drei Tage hinter Gitter, weil sie Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisiert hatten. Die Betroffenen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß, drei türkisch-österreichische Doppelstaatsbürger werden aber weiterhin an der Ausreise aus der Türkei gehindert, bestätigte der Sprecher des Außenministeriums, Thomas Schnöll, am Donnerstagvormittag.

Schnöll fügte noch hinzu, dass Sicherheitswarnungen prinzipiell in mehrere Stufen eingeteilt werden. Bei der höchsten Kategorie handelt es sich um eine "Reisewarnung", danach folgt die "partielle Reisewarnung" - eine solche war für die Türkei bereits zuvor ausgesprochen worden.

"Österreichische Staatsbürger, die früher türkische waren, sind in besonderem Maß gefährdet", sagte Pilz am Donnerstag. Durch die bisher fehlende Reisewarnung seien österreichische Staatsbürger "ungewarnt in die Erdogan-Falle gerast". Derzeit gebe es auf der Homepage des Außenministeriums nämlich nur einen "versteckten" Hinweis, und zwar: "Es wird dringend davon abgeraten, in der Öffentlichkeit politische Äußerungen gegen den türkischen Staat und dessen oberste Organe zu machen bzw. Sympathie mit terroristischen Organisationen zu bekunden, da dies verboten ist und geahndet wird."

Pilz in Begleitung von freigelassenen Österreichern
Pilz stellte zwei konkrete Fälle festgehaltener und ausgewiesener Österreicher vor, deren Protagonisten auch anwesend waren. Wie der Abgeordnete der Grünen bekräftigte, hätten beide aus der Türkei stammenden Männer nur die österreichische, nicht die türkische Staatsbürgerschaft. Die Grünen hätten bisher fünf derartige Fälle zwischen Sommer 2015 und Februar 2017 dokumentiert, insgesamt würden derzeit rund zehn Ereignisse untersucht. Pilz rief dazu auf, ihm weitere ähnliche Fälle zu melden.

Der in der Steiermark lebende Gastwirt Kazim Özaslan, der seit mehr als 30 Jahren Österreicher ist, war im Oktober 2016 noch vor der Passkontrolle am Istanbuler Atatürk-Flughafen festgenommen worden. Pilz sah darin einen Hinweis, dass die türkischen Behörden bereits Hinweise auf Özaslans Ankunft gehabt hatten. Der 54-Jährige wurde gemeinsam mit sechs weiteren Personen in einen fenster- und bettlosen Raum gesperrt und dort für die maximale gesetzliche Zeit von 72 Stunden festgehalten. Er durfte demnach weder die Botschaft noch seine Angehörigen kontaktieren. Anschließend wurde er in einem Flugzeug nach Wien zurückgebracht.

Der zweite Fall betraf den Wiener Kinder- und Jugendbetreuer Refet Eski, einen Kurden, der seit 14 Jahren österreichischer Staatsbürger ist. Der 54-Jährige wurde im Dezember 2016 am Atatürk-Flughafen bei der Passkontrolle festgenommen. Es sei ihm mitgeteilt worden, er habe "Einreiseverbot". Eski wurde für 24 Stunden in einer Zelle mit 20 anderen Menschen festgehalten, durfte jedoch im Gegensatz zu Özaslan sein Handy behalten und seine Familie informieren. Anschließend wurde er ebenfalls nach Wien zurückgebracht.

Auch gegenüber Deutschland schlagen türkische Politiker raue Töne an:

Pilz vermutet "Spitzeltätigkeit der Erdogan-Stasi"
Der grüne Sicherheitssprecher vermutet bei diesen und ähnlichen Fällen eine Verbindung mit der "Spitzeltätigkeit" der "Erdogan-Stasi", wie er sie nennt, nämlich den Aktivisten von Organisationen, die der türkischen Regierung nahestehen, wie dem islamischen Verein ATIB oder der Union europäisch-türkischer Demokraten (UETD), dem europäischen Ableger der türkischen Regierungspartei AKP. Er räumte allerdings ein, dass es darauf lediglich "Hinweise" gebe.

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