Michael Ludwig:

“Kanzler? Nein. Man muss wissen, was man kann”

Österreich
17.09.2017 08:10

Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig spricht mit der "Krone" über sein neues Büro, den Wahlkampf, die Bürgermeister-Nachfolge, Minister Hans Peter Doskozil und Werner Faymanns Fußstapfen.

"Krone": Herr Stadtrat, Sie hatten ihren Sitz bei Wiener Wohnen in der Bartensteingasse und sind jetzt ins Rathaus übersiedelt. Ein neues Büro und ein schönes noch dazu. Sie haben sich also schon geholt, was Ihnen zusteht?
Michael Ludwig:(lacht) Ich bin sehr gerne in meinem Büro in der Bartensteingasse gewesen. Nach der Übersiedelung der Zentrale von Wiener Wohnen zu den Gasometern machte es aber keinen Sinn mehr. Ab jetzt sind alle Stadträte im Rathaus. Gemeinsam ist besser als einsam.

Am Donnerstag hatte der Bürgermeister Geburtstag. Haben Sie ihm gratuliert?
Selbstverständlich. Mit einem Buchgeschenk, so wie jedes Jahr. Dieses Mal "Geschmack Europa", weil wir beide leidenschaftliche Europäer sind und beide auch gerne essen.

Gusenbauer, Silberstein-Affäre, die angeblich gehackten E-Mails, die Terror-Mauer. So gut läuft es im Wahlkampf für die SPÖ nicht, oder?
Wir sollten uns nicht so sehr auf die Randthemen des Wahlkampfs konzentrieren, sondern auf die inhaltliche Auseinandersetzung. Da haben wir gute Vorstellungen. Wir sollten uns nicht in Nebenschauplätze verwickeln lassen.

Bürgermeister Michael Häupl hat ja gesagt: "Opposition ist eine ehrenhafte Rolle." Sehen Sie das auch so?
Eine Regierungsbeteiligung ist mir lieber.

Wie soll so eine Beteiligung aussehen? Vielleicht doch mit der FPÖ?
Zuerst brauchen wir ein gutes Ergebnis für die SPÖ. Nach der Wahl wird man sehen, welche Programme die stärkste Übereinstimmung finden. Aber es gibt bei der FPÖ schon Themen, bei denen eine Zusammenarbeit schwierig ist.

Schwierig? Ein kategorisches Nein ist das aber nicht.
Die Frage stellt sich nicht. Ich bin nicht arrogant und möchte dem Wählerwillen nicht vorgreifen.

Wäre Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ein besserer Bundesparteivorsitzender als Christian Kern?
Minister Doskozil leistet hervorragende Arbeit, er deckt den Themenbereich Sicherheit in einem großartigen Ausmaß ab und genießt ein starkes Vertrauen der Bevölkerung. Die Frage stellt sich aber nicht.

Blick nach Wien. Laut einem Rechnungshofrohbericht gibt es bei Wiener Wohnen einen Budgetverlust von 833 Millionen Euro, 121 Millionen Euro an Fehlverrechnungen usw. Was ist los bei Wiener Wohnen?
Wiener Wohnen befindet sich in einem gigantischen Umstrukturierungsprozess. Bei den Zahlen handelt es sich um Bilanzverluste, die seit Bestehen summiert wurden. Wenn Sie so wollen, Fremdkapital, das aufgenommen wurde. Dem stehen aber reale Werte gegenüber. Etwa durch die Sanierung von 30.000 Wohnungen. Seit dem Jahr 2014 gibt es auch hier keinen Verlust mehr. Es hat eine Trendwende stattgefunden. Die Fehlverrechnungen wurden ebenfalls aus vielen Jahren zusammengerechnet und sind nicht zum Schaden der Mieter erfolgt.

Lob, aber  von den Bürgern, nicht von der eigenen Partei, gibt es für den Wien-Bonus im Gemeindebau.
Mir war wichtig, jene Menschen zu bevorzugen, die länger in Wien leben. 60 Prozent jener, die eine städtische oder geförderte Wohnung beziehen, haben von dem Wien-Bonus profitiert.

Sollte es einen Wien-Bonus bei Sozialleistungen geben?
Ich sehe natürlich den wirtschaftlichen Rahmen und kann nur sagen, der Wien-Bonus hat sich sehr bewährt. Ich glaube, dass man prinzipiell jene bevorzugen sollte, die länger in der Stadt sind.

Zur Nachfolgedebatte. Sie wollen ja bekanntlich Bürgermeister werden
Ich habe angeboten, mich zur Verfügung zu stellen, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen. Jetzt stellt sich die Frage, wie der Parteivorsitz in der SPÖ Wien im Jänner geregelt wird.

Gibt es neue Gegenkandidaten?
Mir ist jede und jeder recht.

Haben Sie sich schon ein Team zusammengestellt?
Zuerst wird man Entscheidungen treffen müssen, dann wird man nach inhaltlichen Schwerpunktsetzungen Personelles regeln.

Für Wien brauchst a Gspür. Das haben Sie?
Ich denke, dass ich bewiesen habe, dass ich für die Weiterentwicklung der Stadt einiges beigetragen habe. Das kann man immer auch kritisieren, aber ich glaube, man weiß auch, was man an mir hat.

Sie haben eine breite Mehrheit hinter sich, sagen Sie. Wie sieht die aus?
Durch viele Gespräche innerhalb der SPÖ habe ich den Eindruck gewonnen, dass es eine sehr starke Zustimmung aus den Bezirksorganisationen gibt. Genauso, wie auch aus weiten Teilen der Bevölkerung.

Hat Sie der letzte SPÖ-Landesparteitag mit 67,8 Prozent darin bestätigt?
Jeder andere Kandidat braucht auch erst einmal eine Zweidrittelmehrheit.

Wobei sogar Finanzstadträtin Renate Brauner 67,5 Prozent erreichte. Nach dieser Logik wäre auch sie eine fixe Bürgermeisterkandidatin.
Richtig, aber zweimal Zweidrittelmehrheit geht sich nicht aus.

Hat diese neuerliche Nachfolgedebatte, ausgelöst von Michael Häupl, Christian Kern wirklich geholfen?
Im Wahlkampf sollten andere Themen eine Rolle spielen. Mit Schwerpunkten, die die Zukunft des Landes betreffen.

Falls es mit dem Bürgermeister nicht klappen sollte, wie wäre es mit dem Bundeskanzler? Ex-Wohnbaustadtrat Werner Faymann hat es ja vorgelebt.
Das ist nicht mein Ziel. Man muss immer wissen, was man kann!

Michael Pommer, Kronen Zeitung/krone.at

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