Vassilakou im Talk

“Michael Ludwig wäre ein geeigneter Bürgermeister”

Österreich
24.09.2017 06:48

Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou von den Grünen sprach mit der "Krone" über Asyl, Peter Pilz, Radfahrer und das Koalitionsende.

"Krone": Ach ja, die gute alte Eva-Glawischnig-Peter-Pilz-Zwölf-Prozent-Zeit. Vermissen Sie die schon, Frau Vizebürgermeisterin?
Maria Vassilakou: Wir kämpfen in einem nicht einfachen Wahlkampf um jede Stimme. Und das ist es, was für mich zählt.

In einem internen Papier Ihrer Partei ist zu lesen, was die Grünen am meisten fürchten. Das sind Fragen zur Doppelspitze, zur Jugendorganisation und zur Rauswahl renommierter Abgeordneter. Deswegen meine Frage: Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe, der Streit mit den Jungen und das Verstoßen von Peter Pilz - was war der größte Fehler?
Die Entscheidung der jungen Grünen, eine Konkurrenzkandidatur zu gründen, und die von Peter Pilz, mit einer eigenen Liste in die Wahl zu gehen, sind unerfreuliche Entwicklungen. Aber es ist, wie es ist. Jetzt müssen wir darüber reden, wozu es starke Grüne braucht. Gerade in einer Zeit, in der man SPÖ, ÖVP und FPÖ kaum noch voneinander unterscheiden kann.

"Österreich zuerst" lautet der Titel eines Asylpapiers von Peter Pilz, das die Grünen jetzt so kritisieren. Wie würde denn ein Asylpapier von Maria Vassilakou aussehen?
Ich habe immer gesagt: Menschen, die vor Krieg und Hunger fliehen, brauchen Unterstützung, und wir wollen diese Unterstützung leisten, solange wir können.

Was sagen Sie zu dem Satz: Kein Mensch ist illegal, jeder hat das Recht zu bleiben?
Das ist eine wunderschöne Vision, die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Umso wichtiger ist es, den Menschen zu sehen und nicht die Aktenzahl. Ich bin auf einige sehr bewegende Schicksale gestoßen.

Ich frage deswegen, weil Sie bei einer Protestaktion im Jahr 1998 gesagt haben: "Jeder Mensch hat das Recht, dort zu leben, wo er/sie will, und kein Mensch ist illegal." Jetzt will ich Sie gar nicht auf dieses Uralt-Zitat festnageln, aber was hat sich für Sie seither geändert? Wofür Sie einst so gekämpft haben, ist heute nur noch eine schöne Vision.
Ich hole etwas aus. Ich bin die erste Generation, die als Kind im geeinten Europa groß geworden ist. Was wir alle als großes Privileg genossen haben war, dass es plötzlich keine Grenzen mehr gab. Dass wir die Möglichkeit hatten zu reisen, weiterzukommen. Es ist also nicht abwegig, sich eine Welt vorzustellen, in der das für alle möglich ist. Aber das alles muss bewältigbar sein. Es wird immer Regelungen geben, aber man kann sie entweder human durchsetzen oder martialisch.

Wer ist denn aus Ihrer Sicht gefährlicher: ÖVP-Chef Sebastian Kurz oder Heinz-Christian Strache von der FPÖ?
Es ist die Kombination. Mit beiden wird das Sicherheitsnetz demoliert, es bedeutet den Ausverkauf von sozialen Wohnungen, und am Ende steht der Öxit.

Was sagen Sie zur Kombination Sebastian Kurz und Hans Peter Doskozil?
Haben Sie vor, mich zu allen Grauslichkeiten abzufragen?

Nein, das war's schon. Der SPÖ-Abgeordnete Harald Troch forderte, nach der Ära von Bürgermeister Michael Häupl müsse die rot-grüne Koalition aufgekündigt werden. Was sagen Sie dazu?
Ich finde, wir haben in Wien große Herausforderungen zu bewältigen, von Obdachlosigkeit über leistbare Wohnungen bis hin zum Klimaschutz. Dem müssen wir uns stellen. Nicht Streitereien auf Kindergartenniveau.

Harald Troch gehört jedoch zum Flügel rund um Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, der Bürgermeister werden will. Haben Sie Angst davor, dass er es wird?
Nein, wir haben eine gute Zusammenarbeit und ein amikales Verhältnis. Er wäre ein geeigneter Bürgermeister, aber ich will jetzt nicht, dass das als Wahlempfehlung gedeutet wird. Das muss die SPÖ alleine klären.

"Häupl geht, ich bleibe", haben Sie vor Kurzem gesagt. Aber wie glaubhaft ist das, wenn man bedenkt, dass der grüne Klubobmann David Ellensohn angeblich an Ihrem Sessel sägt?
Ich sehe das wie Mark Twain: Der Bericht über meinen Tod wurde stark übertrieben.

Stimmt es, dass alle Ampeln absichtlich so geschaltet sind, dass die Wiener im künstlichen Stau stehen?
(lacht) Das ist übrigens von allen Gerüchten wirklich so ziemlich das schrulligste. Das Gegenteil ist der Fall. Wir nehmen auch laufend Ampeloptimierungen vor und überlegen den Kauf von Smart-Ampeln, die den Verkehr optimal regeln. Aber das kostet viel Geld.

Was begeistert Sie an einer Mülldeponie denn so sehr, dass nebenan bei der Wattgasse die Verkehrsader für eine Luxus-Rad- und Flaniermeile verengt wird?
Radfahrer sind ja auch Menschen, sie haben Kinder, Ehefrauen und Ehemänner.

Sie tun jetzt so, als wären Radfahrer eine bedrohte Spezies.
Das nicht, aber wir wollen, dass sie wohlbehalten nach Hause kommen. Wir bauen Radwege nicht zum Spaß, sondern damit Menschenleben gerettet werden.

Unabhängig davon, ob die SPÖ die Grünen jetzt loswerden will oder nicht, was möchten Sie bis zur Wien-Wahl 2020 noch erreichen?
Ziel Nummer eins ist für mich, ein faires Mietrecht für Wien zu erreichen.

Michael Pommer, Kronen Zeitung/krone.at

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