Politik will Heilung

Woran krankt unser Gesundheitssystem?

Österreich
18.09.2017 17:08

"Eigentlich ist unser Gesundheitssystem todkrank", formuliert es ein heimischer Allgemeinmediziner. Quälend lange Wartezeiten wegen akuten Ärztemangels - das ist auch ein wichtiges Thema in der Politik. So wollen Kern, Kurz & Co. unser krankes Gesundheitssystem heilen!

Wer einmal in einem Spital auf mehr oder weniger dringende Behandlungen qualvoll lange warten musste, kann diese Diagnose nur bestätigen. Allein die nackten Fakten lassen das Schlimmste befürchten. Denn die öffentlichen Gesundheitsausgaben haben sich seit 1990 verdreifacht, obwohl immer mehr Patienten Wahl- oder Privatärzte in Anspruch nehmen.

In drei Jahren mehr als 600.000 E-Cards verschwunden
ÖVP-Frontmann Sebastian Kurz legt den Finger in die Wunde: "Einzelne Patienten werden trotz lebenswichtiger Operationen bis zu einem Jahr hingehalten." Als Beispiel nennt er das Wiener Otto-Wagner-Spital, wo ein Hilfesuchender auf eine Hüft-OP 212 Tage (!) warten musste. Kurz prangert aber auch möglichen Missbrauch an: "In den letzten drei Jahren sind österreichweit mehr als 600.000 E-Cards verschwunden. 164.000 davon allein in Wien."

Folgenden Ansatz vertritt Peter Pilz: "Wir brauchen nicht 21 Sozialversicherungsträger, sondern nur vier: eine Kranken- und Unfallversicherung sowie je eine Pensionsversicherung für Selbstständige und Unselbstständige. Der Rest ist teuer und überflüssig."

Faire Bezahlung für Hausärzte gefordert
An "Heilmethoden" mangelt es auch Ärztekammerpräsident Dr. Thomas Szekeres (einst SPÖ-Mitglied) nicht. Er hat die den Patienten am nächsten stehenden Mediziner, nämlich unsere Hausärzte, im Fokus: "Ihre Honorare müssen drastisch erhöht werden, um ihnen das Überleben zu sichern." Der ÖVP-nahe Vizepräsident Johannes Steinhart fordert sogar die Aufhebung der Leistungsdeckelungen in Kassenordinationen, um Engpässe und lange Wartezeiten zu vermeiden.

In diese Kerbe schlägt denn auch Kanzler Christian Kern: "Zu unseren Hausärzten haben die Menschen das meiste Vertrauen. Genau diese Ärztegruppe muss bei der Praxisgründung unterstützt werden - und zwar mit flexibleren Verträgen und einer fairen Bezahlung." Kern: "Die Menschen müssen sich auf unsere Gesundheitsversorgung verlassen können. Egal, wo sie versichert sind und wie viel sie im Geldbörsel haben - ohne lange Wartezeiten. Daher keine Kürzungen."

Ärztekammerpräsident Dr. Thomas Szekeres fordert österreichweit 1000 zusätzliche Kassenstellen und eine Erhöhung der zum Teil "beschämend niedrigen Honorare für die Hausärzte um mindestens 40 Prozent". Dringend notwendig sei eine medizinische Ausbildungsoffensive mit mehr Studienplätzen, um einem noch dramatischeren Ärztemangel zu begegnen, sagt Ärztekammer-Vizepräsident Dr. Johannes Steinhart.

Die grüne Frontfrau Ulrike Lunacek beklagt, dass es zu wenig Kassenärzte in der Kinder- und Jugendheilkunde gibt: "Es kann nicht sein, dass man krankenversichert ist und trotzdem zum Wahlarzt gehen muss."

Peter Pilz: "Schwer kranke Patienten haben ein Recht auf schnelle Untersuchung und Diagnose. Einkommen und Beziehungen dürfen nicht darüber entscheiden, wer beim CT oder MRT zuerst drankommt."

Das Heilsam-Gute liegt für NEOS-Chef Matthias Strolz sehr nahe. Er will den Beruf des Hausarztes stärker in den Fokus rücken und attraktiver machen. Diese würden viel zu wenig verdienen und oft defizitär arbeiten.

FPÖ-Frontmann Heinz Christian Strache - bekanntlich selbst Zahntechniker - kritisiert, dass Asylwerber vom ersten Tag an und ohne jeden Beitrag vollen Zugang zum Gesundheitssystem haben. Das sei in höchstem Maße unfair.

ÖVP-Leitfigur Sebastian Kurz legt auch den Fokus auf pflegende Angehörige: "Diese Österreicher verdienen nicht nur unsere allerhöchste Anerkennung, sondern auch bestmögliche finanzielle Unterstützung des Staates."

Stichwort Pflege: Laut Sozialbarometer wollen 91 Prozent leistbare und einheitliche mobile Pflegeangebote für zu Hause.

Mark Perry und Martina Münzer, Kronen Zeitung/krone.at

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