Opfer erst 13

Zwangsheirat und Prügel: Drei Freisprüche!

Österreich
21.04.2017 18:27

Dem Gericht fehlten die Beweise - deshalb ging der ersten Zwangsheirat-Prozess in Vorarlberg am Freitag mit Freisprüchen zu Ende. Eine 49-jährige Frau, der die versuchte Zwangsverheiratung ihrer 13-jährigen Tochter vorgeworfen wurde, sowie ihr 63-jähriger Ehemann und ein 57-jähriger Nachbar als mutmaßliche Beitragstäter blieben straffrei. Die Urteile sind rechtskräftig.

Die heute 14-jährige Jugendliche hatte ihre Eltern schwer belastet. Sie sei in die Türkei gebracht worden, um dort verheiratet zu werden, sagte sie aus. Ihre Mutter sei nicht damit zurechtgekommen, dass sie einen Freund habe und westlich eingestellt sei. Sogar mit dem Umbringen habe die Mutter gedroht, falls sie in der Türkei nicht einen Tschetschenen heirate. Deshalb sei sie zurück nach Österreich geflüchtet, als sich die Möglichkeit dazu geboten habe. Zu einer Zwangsheirat kam es folglich nicht.

Koranschule gegen Eigensinnigkeit
Die Darstellung ihrer Eltern hingegen war eine gänzlich andere: Die 49-Jährige sprach vor Gericht von einem Urlaub, den man in der Türkei verbracht habe. Dass im Zuge des Aufenthalts ihre Tochter hätte verheiratet werden sollen, wies die Frau zurück. Auch ihr Mann wollte von einer Zwangsheirat nichts gewusst haben. Die 13-Jährige sei freiwillig mitgekommen, wurde betont. Dass sie dort eine Koranschule hätte besuchen sollen, begründete die Mutter mit der Selbstständigkeit und der Eigensinnigkeit der Tochter.

Eine Flucht ihrer Tochter stellte sie ebenfalls in Abrede. Dass ihre Tochter alleine nach Österreich zurückgekehrt ist, führte die Mutter darauf zurück, dass der 13-Jährigen langweilig gewesen sei.

Strafe wegen Kindesentziehung
Klar war hingegen, dass die Eheleute ihre Tochter keinesfalls mit in die Türkei hätten nehmen dürfen - ihnen war nämlich schon zuvor das Sorgerecht entzogen worden. Dieses lag bei der Jugendwohlfahrt. Deshalb wurde die 49-jährige Tschetschenin vo Gericht wegen Kindesentziehung belangt. Ihr wurde eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro aufgebrummt.

Die Behörde schritt ein, weil der 63-jährige Vater die Tochter über Jahre hinweg geschlagen haben soll. Er soll auch versucht haben, die 13-Jährige zum Tragen eines Kopftuchs zu zwingen. Der Vater wies die Vorwürfe allerdings zurück. Geschlagen habe er seine Tochter nicht, und die Geschichte mit der Zwangsheirat habe sie erfunden, so seine Rechtfertigung. Weil ebenfalls Beweise fehlten, wurde der 63-Jährige hinsichtlich des Vorwurfs der fortgesetzten Gewaltausübung freigesprochen.

Nachbar will nur Chauffeur gewesen sein
Die Mutter berief sich darauf, nicht gewusst zu haben, dass sie nicht hätte mit der Tochter reisen dürfen. Das Gericht schenkte ihr in diesem Punkt aber keinen Glauben und verurteilte sie folglich wegen Kindesentziehung.

Der 57-jährige Türke wiederum, ein Nachbar der Familie, stellte sich lediglich als Chauffeur dar. Er sei ohnehin in die Türkei gefahren und habe die Familie aus Gefälligkeit mitgenommen, sagte er. Von Plänen für eine Zwangsheirat habe er nichts gewusst.

Freispruch wegen möglicher Nicht-Zuständigkeit
Das Gericht begründete die Freisprüche hinsichtlich des Vorwurfs der Zwangsheirat mit dem fehlenden Nachweis, dass die Verheiratung der damals 13-jährigen Tochter in der Türkei bereits in Vorarlberg geplant worden war. Sollte das Vorhaben nämlich erst in der Türkei entstanden sein, so sei das Landesgericht nicht zuständig.

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