Streit mit Brüssel

NGO-Gesetz: Neues EU-Verfahren lässt Ungarn kalt

Ausland
13.07.2017 22:30

Die ungarische Regierung in Budapest ist um ein weiteres EU-Vertragsverletzungsverfahren reicher geworden. Wegen umstrittener Auflagen für Nichtregierungsorganisationen eröffnete die Brüsseler Behörde am Donnerstag ein solches Verfahren. Gleichzeitig trieb sie ein bereits laufendes Verfahren wegen des ungarischen Hochschulgesetzes voran. Damit geht der Dauerstreit mit Premier Viktor Orban in die nächste Runde. Orban gibt sich aber gänzlich unbeeindruckt. An den Auflagen für NGOs wird weiterhin festgehalten.

"Wir haben das neue Gesetz über nichtstaatliche Organisationen gründlich geprüft und sind zu dem Schluss gelangt, dass es nicht im Einklang mit dem EU-Recht steht", erklärte Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans in Brüssel. Unter anderem sieht die Kommission einen Verstoß gegen die EU-Grundrechtecharta, insbesondere das Recht auf Vereinigungsfreiheit. Das neue Gesetz könnte nichtstaatliche Organisationen daran hindern, Gelder einzuwerben und ihren Aufgaben nachzukommen, moniert Brüssel. Zudem werde der freie Kapitalverkehr eingeschränkt.

Das ungarische Justizministerium bestand darauf, dass die "politischen Aktivistengruppen", die aus dem Ausland finanziert werden, zu größerer Transparenz verpflichtet werden, wie die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI berichtete. Man werde "die ungarischen Interessen mit jedem möglichen Mittel verteidigen".

"Vereine wollen Kampf gegen illegale Migration schwächen"
Es gehe um Vereine, die "die Verteidigungsfähigkeit Ungarns und den Kampf gegen die illegale Einwanderung schwächen wollen", schrieb das Ministerium weiter. Es "spricht in außerordentlicher Weise für sich, dass ausgerechnet jene politischen Aktivistengruppen das Gesetz nicht einhalten wollen,(...) die zum größten Teil vom Netz des (US-Mäzens) George Soros finanziert werden". Soros habe erst vor Kurzem "über seinen Sprecher klar gemacht, dass er Hunderttausende Einwanderer nach Europa und damit auch nach Ungarn ansiedeln will".

Sieben in Ungarn aktive Organisationen, darunter das Helsinki Komitee, Amnesty International und der ungarische Bürgerrechtsverein TASZ, haben in den letzten Tagen angekündigt, das umstrittene Gesetz nicht einhalten zu wollen.

Hochschulgesetz als gezielter Angriff auf Soros-Universität?
Das Brüsseler Vorgehen gegen das umstrittenen Hochschulgesetz wurde unterdessen fortgesetzt. "Das ungarische Hochschulgesetz bringt für die Hochschulen in EU- und Nicht-EU-Ländern unverhältnismäßige Einschränkungen mit sich und muss so rasch wie möglich wieder mit EU-Recht in Einklang gebracht werden", forderte Timmermans. Auch hier setzte er eine Frist von einem Monat. Sollte man mit der Reaktion nicht zufrieden sein, sei eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) möglich.

In dem Fall hatte die Kommission bereits im April ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und eine Stellungnahme aus Budapest erhalten. Das ungarische Parlament hatte am 4. April das Hochschulgesetz geändert und neue Vorgaben eingeführt. Dies wurde vor allem als Maßnahme gegen die vom US-Milliardär Soros gegründete Central European University (CEU) in Budapest interpretiert. Mit dem Gesetz wird nämlich die Befugnis von Universitäten mit Hauptsitz außerhalb der EU eingeschränkt, ungarische Abschlüsse zu verleihen. Zudem wird vorgeschrieben, dass ausländische Universitäten, die in Ungarn agieren, auch einen Campus in ihrem Heimatland haben müssen. Dies ist bei der CEU nicht der Fall.

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