"Stadt der Engel"

Schmutzige Geschäfte mit Millionen an Suchtkranken

Ausland
29.07.2017 09:28

Fabelhafte Glitzerwelt, internationale Filmmetropole, "City of Angels" (Stadt der Engel) - und Amerikas Hochburg der Obdachlosen. In keinem anderen Ballungsraum der Vereinigten Staaten leben so viele Menschen unter freiem Himmel wie in Los Angeles. Die Gründe dafür sind nicht nur persönliche Probleme der Betroffenen. Oft ist es die blanke Gier vermeintlicher Suchthilfezentren.

Kurz vor Sonnenuntergang tauchen sie auf, die schmutzigen Planen, die in den Parks rund um Venice Beach, in den Seitengassen der Melrose Avenue oder in der berüchtigten Skid Row in Downtown zwischen Palmen gespannt oder in Ecken drapiert werden. Es wird finster über der Stadt, die Temperaturen sinken selbst im Hochsommer merklich unter 20 Grad. Rund 60.000 Menschen werden auch heute wieder hier in Los Angeles auf offener Straße schlafen. Eine Gruppe wächst dabei besonders stark: die der 18 bis 24-jährigen Suchtkranken.

"Die Zahlen steigen. Wir sehen viele junge Frauen, junge Erwachsene. Neu ist auch, dass aktuell sehr viele Latinos plötzlich auf der Straße stehen", erklärt Professor Dr. Benjamin Henwood von der University of Southern California im "Krone"-Gespräch. Er ist einer der führenden Sozialforscher, die sich mit Obdachlosigkeit in Kalifornien auseinandersetzen. "Vor allem die steigenden Wohnungspreise setzen den Menschen zu. Ein Drittel aller Bewohner von Los Angeles geben an, Probleme zu haben, ihre Mieten zu bezahlen."

Video: Heilsarmee zeigt Leben der Obdachlosen

Suchtkranke sind Hunderttausende Dollar wert
Doch seit Anfang des Jahres werden auch schwere Vorwürfe gegen die sogenannte Reha-Industrie erhoben. Knapp 1200 Rehabilitationszentren für Suchtkranke gibt es in der Stadt, der Großteil davon leistet täglich wichtige Arbeit für die Betroffenen. Eine steigende Zahl an Therapieeinrichtungen jedoch sieht in den Drogensüchtigen nicht Patienten, sondern Hunderttausende Dollar: Denn wer nach Kalifornien kommt, kann sofort eine Versicherung abschließen.

Diese Versicherungen müssen seit Obamacare für Suchttherapie aufkommen - was den Zentren pro Patient bis zu 1000 Dollar pro Tag bringen kann. Allerdings zeitlich begrenzt: Oft enden die Zahlungen - und damit die Therapie - bereits nach einem Monat.

"Hier werden Menschen zu wirtschaftlichen Instrumenten", klagte der republikanische Abgeordnete Darrell Issa vor wenigen Wochen öffentlich. "Solange das Geld fließt, behalten sie die Süchtigen in ihren Zentren. Danach setzen sie sie auf die Straße." Dort reihen sich die fallen gelassenen Patienten in die langen Schlangen vor den Verteilzentren der "Salvation Army", der Heilsarmee, ein. Und überlegen, wo sie diese Nacht ihre Plane aufschlagen werden.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele