Helden von Hamburg:

So stoppten wir den Messer-Terroristen

Ausland
30.07.2017 08:46

Ein Todesopfer und sieben Verletzte - die Bilanz des blutigen Messer-Terrors von Hamburg. Dass es nicht noch schlimmer kam, ist dem couragierten Eingreifen einiger mutiger Männer zu verdanken. Die Helden vom Hamburg sind gebürtige Tunesier, die sich zum Zeitpunkt des Angriffs vor einem Backshop nahe dem Supermarkt befanden, in dem Achmed A. (26) wahllos Menschen attackierte. Einer von ihnen ist Jamel Chraiet. Er betont: "Unser Eingreifen war ganz normal. Damit die Leute sehen, es gibt auch andere, die nicht so sind."

"Plötzlich haben wir einen Mann gesehen, mit einem langem Messer, blutverschmiert. Egal, wie cool man sonst ist, in einem solchen Augenblick weiß man erst einmal gar nichts", schilderte Chraiet dem Sender N24. Der gebürtige Tunesier saß mit Landsleuten vor einem Backshop, wenige Meter entfernt vom Tatort - sie reagierten schnell. "Wir haben uns besprochen, jeder sollte einen Stuhl schnappen, dann sind wir auf ihn losmarschiert. Er wurde bereits von Leuten verfolgt, die auf ihn eingeredet haben."

Ein 50 Jahre alter Mann war bei dem Angriff des 26-Jährigen ums Leben gekommen, sieben weitere Menschen teils schwer verletzt worden. Videoaufnahmen zeigen, wie sich nach der Attacke Männer mutig dem weiterhin mit dem Messer bewaffneten Mann mit Stühlen entgegenstellten. Wie viele Menschen den Angreifer bei seiner Flucht letztendlich verfolgten, ist noch unklar. Dennoch sind es diese Unerschrockenen, über die nun nicht nur in Hamburgdie Menschen sprechen - ihr Einsatz erscheint vielen heldenhaft, auch weil sie nicht einfach wegschauten.

"Ich habe auch versucht, mit ihm zu reden, aber er hat nur etwas gesagt, was man überhaupt nicht verstanden hat", erzählte Chraiet, als er Samstagfrüh wieder in jenem Café saß, von dem aus er und andere die Verfolgung aufgenommen hatten. "Ob der in einer anderen Welt war? Keine Ahnung, was mit ihm los war." Es sei alles ganz schnell gegangen. Nur die Zeit, bis auch die Polizei da war - die sei ihm "verdammt lange" vorgekommen.

"Als Helden würde ich uns nicht bezeichnen"
"Aber als Helden würde ich uns nicht bezeichnen, das ist einfach eine normale Reaktion", sagte Chraiet. Das ganze Café sei voll gewesen, sie hätten einfach alle etwas tun müssen. Er sei aber froh, dass auch er und seine Landsleute an der Verfolgung beteiligt gewesen seien, so der Mann, der seit 27 Jahren in Deutschland lebt und bei der Hamburger Hochbahn arbeitet. "Damit die Leute sehen, es gibt auch andere, die nicht so sind."

Über WhatsApp habe ihn rund eine halbe Stunde nach der Messerattacke auch eine besorgte Nachricht seines 18-jährigen Sohnes erreicht: "Ruf sofort an!" Seine Familie sei froh gewesen, dass er heil nach Hause gekommen sei. Und er selbst? Irgendwann in der Nacht habe er es geschafft, einzuschlafen. "Aber es hat lange gedauert. Die Bilder gehen einem nicht aus dem Kopf."

Auch für den Betreiber des Backshops sind die Männer, die so viel Zivilcourage bewiesen, durchaus Helden. "Wer weiß, was passiert wäre, wenn sie ihn nicht aufgehalten hätten", sagte Ahmet Dogan. Stolz verwies auch er darauf, "dass es ausländische Mitbürger waren", die den Angreifer - ein in den Vereinigten Arabischen Emiraten geborener Palästinenser - aufhielten. Am Samstag gab es in seinem Geschäft kein anderes Thema - wie überall in der Einkaufsstraße.

Blumen vor geschlossenem Supermarkt
Der Edeka-Markt unterdessen bleibt geschlossen. Davor haben Barmbeker Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet.

Täter in U-Haft, Ermittlungen laufen
Die Staatsanwaltschaft hat unterdessen einen Haftbefehl gegen Achmed A. erlassen. Der Verdächtige sitze nun in Untersuchungshaft, sagte die Oberstaatsanwältin der norddeutschen Hafenstadt, Nana Frombach, am Samstagabend. "Zur Sache hat er sich noch nicht geäußert", Aufschluss über das genaue Motiv gebe es deshalb noch nicht. Die Ermittler werteten nun weiterhin die Beweismittel aus. Der deutsche Generalbundesanwalt in Karlsruhe prüfe, ob er den Fall an sich zieht.

Es habe Hinweise auf eine Radikalisierung des ausreisepflichtigen Mannes gegeben, weshalb Polizei und Verfassungsschutz mit ihm in Kontakt standen, hatte Hamburgs Innensenator Andy Grote bekannt gegeben. Zudem sei der Täter als "psychisch labil" eingestuft worden.

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