Leben vom Metall

Bakterien zerfressen das Wrack der “Titanic”

Wissenschaft
17.05.2017 11:09

In 3800 Meter Tiefe zerfressen Bakterien das Wrack des vor über 100 Jahren gesunkenen Luxusdampfers "Titanic". In 15 bis 20 Jahren könnten die Überreste nach Angaben von Wissenschaftlern komplett verschwunden sein. "Das ganze Wrack ist von Biofilmen und Rost überzogen", erklärte Antje Boetius, Biologin am Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI).

Wissenschaftler hatten vor einigen Jahren in Rostflocken eine Bakterienart entdeckt, die nach ihrem Fundort Halomonas titanicae getauft wurde. Sie verursacht Lochfraß. "Dadurch wird das Wrack instabil und fällt irgendwann zusammen", sagt die AWI-Tiefseeforscherin.

Luxusdampfer sank vor 105 Jahren
Der Untergang der "Titanic" ist die wohl bekannteste Katastrophe der Seefahrt: Nach der Kollision mit einem Eisberg auf seiner Jungfernfahrt von Southampton in England nach New York sank der Luxusdampfer in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912. Rund 1500 der mehr als 2200 Menschen an Bord kommen ums Leben. Bald schon könnte auch das Wrack nur mehr Geschichte sein. 1985 wurde das Schiff in 3800 Meter Tiefe auf dem Grund des Atlantischen Ozeans entdeckt.

"Eigentlich wächst dieses Bakterium gerne im Warmen bei über 30 Grad", sagt Boetius. "Aber dort, wo das Wrack liegt, sind es vier Grad." In der kalten Tiefsee müssten die Schiffsüberreste also eigentlich geschützt sein. Tatsächlich aber zersetzen die Mikroben trotz der Kälte die Schiffswände. "Sie tragen dabei nicht langsam Millimeter für Millimeter die Oberfläche ab, sondern verursachen Lochfraß", so die Meeresbiologin. "Dadurch wird das Wrack instabil und fällt irgendwann zusammen."

Bakterien entziehen Eisen Elektronen
Den Grund für die Zersetzung des UNESCO-Weltkulturerbes kennen die Wissenschaftler: "Die Bakterien entziehen dem Eisen Elektronen als Energiequelle, um wachsen zu können", sagt die Professorin. "Sie leben also direkt vom Metall." Dieser Elektronenentzug führt dazu, dass das Metall rostet. "Ein faszinierender Prozess", findet Boetius.

Auch für moderne Unterwasserbauwerke sind die Folgen des Eisenfraßes gefährlich, so Boetius. So könnten die Bakterien an Unterwasser-Ölpipelines ähnliche Schäden anrichten wie an der "Titanic". "Das ist ein Problem im Meer, über das die Industrie nicht gerne spricht", so die Wissenschaftlerin.

"Natur holt sich das Schiff zurück"
Der Vorsitzende des Deutschen Titanic-Vereins von 1997, Malte Fiebing-Petersen, sieht dem kompletten Zerfall der "Titanic" gelassen entgegen. "Die Natur holt sich das Schiff zurück. Das ist der Lauf der Dinge." Allerdings sei der Stahl nicht überall gleich dick. Die oberen Decks seien vermutlich tatsächlich in 10 bis 15 Jahren verschwunden. Die eigentliche Schiffshülle aber sei aus dickerem Stahl. "Den aufrecht stehenden Bug werden wir noch viele Jahrzehnte haben."

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