Virtuelle Realität

Forscher bauen Holodeck für Maus, Fliege und Fisch

Wissenschaft
22.08.2017 08:59

Um Tieren möglichst authentisches Verhalten unter kontrollierten Bedingungen zu entlocken, haben Wissenschaftler aus Österreich und Deutschland ein Holodeck für Mäuse, Fliegen und Fische entwickelt. Das mag paradox klingen, die nun im Fachblatt "Nature Methods" vorgestellte Entwicklung funktioniert aber erfolgreich nach diesem Prinzip.

Ähnlich wie im fiktionalen Holodeck in "Star Trek" lässt sich die Umgebung mit dem von einem Forscherteam aus Österreich und Deutschland entwickelten "FreemoVR"-System gezielt herstellen. Im Kern handelt es sich dabei um eine Art Multifunktions-Arena, deren Wände und Boden aus Computerdisplays mit beliebig formbaren Projektionsflächen bestehen. Bespielt werden diese mit Grafiken auf Basis von Computerspiel-Technologie.

Zu diesem ausgeklügelten Aufbau greifen die Wissenschaftler, da Forschung an Versuchstieren, die sich frei bewegen können, zwar die besten Aufschlüsse über deren reales Verhalten und somit die vielversprechendsten Einblicke in die zugrunde liegenden Abläufe im Gehirn der tierischen Probanden liefert, die praktische Umsetzung aber schwierig ist.

Wollte man bisher die Tiere unter vergleichbaren Bedingungen bestimmten Szenarien aussetzen, musste meistens ihr Bewegungsspielraum mit verschiedenen Methoden eingeschränkt werden. Das limitierte wiederum die Aussagekraft vieler Experimente, denn "unser Gehirn hat sich ja nicht unter Laborbedingungen entwickelt", sagte die an der Arbeit beteiligte Kristin Tessmar-Raible von den Max F. Perutz Laboratories der Uni Wien und MedUni Wien.

Bisherige Einschränkungen teilweise umgangen
Mit dem neuen System können die Forschungsgruppen um Andrew Straw von der Uni Freiburg und Tessmar-Raible nun die meisten bisherigen Einschränkungen umgehen, in dem die Tiere eben frei die komplett computergenerierte 3D-Umgebung erkunden - und zwar gehend, schwimmend oder fliegend.

Das System erlaube es, "natürliche Umgebungen zu machen, die immer noch recht standardisiert sind", sagte Tessmar-Raible, die das System für Forschung an Zebrafischen einsetzt. Zusätzlich können die Bedingungen sehr schnell verändert werden, ohne dass die Tiere dabei in ein neues Umfeld gesetzt werden müssen. "Man kann sie so sozusagen auch etwas fragen: Nämlich, möchtest du lieber in dieser oder jener Umgebung schwimmen? Das geht ohne VR gar nicht."

Wie die Tiere auf VR reagieren, testen die Wissenschaftler seit einiger Zeit aus. Eine zentrale Frage ist etwa, ob der schnelle Umgebungswechsel die Fische verwirrt. "Sie sind aber sehr ruhig und schwimmen gemütlich. Sie scheinen keine Angst davor zu haben - so viel kann man schon sagen", erläuterte Tessmar-Raible. Die Wiener Gruppe fand mittels FreemoVR beispielsweise bisher unbemerkte Verhaltensunterschiede zwischen zwei Zebrafisch-Stämmen.

Höhenangst im virtuell erhöhten Labyrinth
Bisher ging man davon aus, dass zwischen dem Wildtyp und einem mutierten Stamm kein Verhaltensunterschied besteht. Doch alleine schon das Erscheinungsbild der Tiere legte den Verdacht nahe, dass dem nicht so ist, sagte die Forscherin. In Tests, bei denen die Wissenschaftler die Fische mit verschieden großen Punkten in bestimmte Bahnen lenkten, zeigte sich tatsächlich, dass sie anderes Schwimmverhalten an den Tag legten, das vermutlich auf unterschiedliche Wahrnehmung zurückzuführen ist.

Tessmar-Raible: "Dieser Unterschied ist aber nicht so stark, als dass man es mit bisherigen Methoden hätte wahrnehmen können." In einem anderen Versuch konnten Forscher mittels FreemoVR zeigen, dass Mäuse auch in einem rein virtuell erhöhten Labyrinth Höhenangst empfinden, was man sich in der Zukunft für pharmakologische Studien zunutze machen kann.

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